Karenztage für Kranke? Unternehmer und Gewerkschaften im Streit!
Die Debatte um Krankenstand und Lohnkürzungen in Deutschland erreicht mit Oliver Bätes Karenztag-Vorschlag neue Dimensionen.

Karenztage für Kranke? Unternehmer und Gewerkschaften im Streit!
In Deutschland wird zurzeit intensiv über den hohen Krankenstand und mögliche Maßnahmen zur Senkung dieser Zahl diskutiert. Oliver Bäte, der Vorstandschef der Allianz, sorgt mit seinem Vorschlag zur Wiedereinführung eines Karenztages für massive Diskussionen. Laut Bäte würde dies bedeuten, dass Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Krankheitstag selbst tragen müssten, was ihm eine breite, kritische Resonanz einbrachte. Viele sehen in dieser Idee einen unverschämten Angriff auf die Rechte der Arbeitnehmer, während er gleichzeitig betont, dass dieser Schritt dazu beitragen könnte, jährlich etwa 40 Milliarden Euro zu sparen. In Deutschland erhält man derzeit ab dem ersten Krankheitstag weiterhin sein Gehalt, was in der derzeitigen Diskussion weit oben auf der Agenda steht. Gegenwärtig verzeichnet Deutschland einen durchschnittlichen Krankenstand von 20 Tagen pro Jahr, während der EU-Durchschnitt nur bei acht Tagen liegt, was die Sorge über die hohe finanzielle Belastung für Arbeitgeber verdeutlicht. Diese Informationen hat die Tagesschau zusammengetragen.
In dieser Debatte betonen zahlreiche Unternehmen, wie ZF mit Hauptsitz in Friedrichshafen, dass sie einen Anstieg der Krankschreibungen festgestellt haben, ohne jedoch die genauen Ursachen zu benennen. Das Pharmaunternehmen Vetter stellt den Karenztag in Frage und warnt, dass er falsche Anreize schaffen könnte. Schließlich sind gesunde Mitarbeiter entscheidend für die hohe Qualität in der Medikamentenherstellung, die wiederum strenge Hygienestandards erfordert. Ähnlich äußert sich auch die Stiftung Liebenau und fordert eine differenzierte gesellschaftspolitische Debatte über diese Themen.
Die Auswirkungen der hohen Krankheitszahlen
Der hohe Krankenstand in Deutschland hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Wirtschaft. Jährlich zahlen die Arbeitgeber bis zu 77 Milliarden Euro für Gehälter von krankgeschriebenen Mitarbeitern, plus weitere 19 Milliarden Euro von den Krankenkassen. Viele Unternehmen sehen die Notwendigkeit, diesen Trend einzudämmen. So berichtet die Ingenieur.de über neue Vorschläge wie die Einführung von unbezahlten Krankheitstagen oder gar eine Gehaltskürzung während der Arbeitsunfähigkeit. Solche Maßnahmen könnten allerdings auch zu weiteren Problemen führen, da „Präsentismus“ verstärkt werden könnte, wo Arbeitnehmer trotz Krankheit zur Arbeit erscheinen, um Lohnabzüge zu vermeiden.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisiert die Idee des Karenztages als „zutiefst ungerecht“ und warnt vor den negativen Effekten, die diese Regelung für vor allem geringverdienende Arbeitnehmer haben könnte. In einer Umfrage gaben 70 Prozent der Beschäftigten an, mindestens einmal jährlich krank zur Arbeit gegangen zu sein, was die besorgniserregende Situation verdeutlicht. Auch Verdi-Geschäftsführerin Maria Winkler bezeichnet den Vorschlag als veraltet und fordert eine positive Unternehmenskultur, die es den Mitarbeitern ermöglicht, sich im Krankheitsfall sicher zu fühlen, ohne wirtschaftliche Nachteile zu befürchten.
Die gesundheitlichen Herausforderungen
Neben den finanziellen Aspekten sind auch gesundheitliche Herausforderungen bei der Debatte um den hohen Krankenstand zu beachten. Ungefähr 50 Prozent der Versicherten hatten im Jahr 2023 mindestens eine Krankschreibung, wobei der Jahresdurchschnitt bei 20 Fehltagen pro Person liegt. Hauptdiagnosen sind Erkältungs- und psychische Erkrankungen sowie Muskelskeletterkrankungen. Diese Entwicklung zeigt sich in den Statistiken: Im Jahr 2023 betrug der durchschnittliche Krankenstand bereits 17,7 Tage, was zeigt, dass die Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt noch vielschichtiger sind als initial gedacht.
Die Diskussion über einen Karenztag wirft somit viele Fragen auf. Ob dieser Vorschlag tatsächlich zu einer Entlastung führen würde oder ob er gar das Gegenteil bewirken könnte, bleibt unklar. Fest steht, dass die Debatte damit längst nicht abgeschlossen ist und sowohl politische als auch gesellschaftliche Reaktionen auf die Forderungen von Bäte und andere Vorschläge dringend nötig sind, um zu einer tragfähigen Lösung zu gelangen.