Geheimnisse der Religion: Verbindung schaffen statt isolieren!

Die Ruhr-Universität Bochum beleuchtet die verbindende Kraft von Geheimnissen in Religionen und deren gesellschaftliche Rolle.

Die Ruhr-Universität Bochum beleuchtet die verbindende Kraft von Geheimnissen in Religionen und deren gesellschaftliche Rolle.
Die Ruhr-Universität Bochum beleuchtet die verbindende Kraft von Geheimnissen in Religionen und deren gesellschaftliche Rolle.

Geheimnisse der Religion: Verbindung schaffen statt isolieren!

Dr. Knut Martin Stünkel vom Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) der Ruhr-Universität Bochum erforscht seit über 15 Jahren das Thema Geheimnis in Religionen. Seine aktuelle Forschung zeigt, dass Geheimnisse in Religionen nicht isolierend wirken, wie oft angenommen, sondern den Kontakt zwischen Menschen fördern. Damit stellt er eine bedeutende Verbindung zu aktuellen gesellschaftlichen Debatten her, in denen das Ungreifbare und Unerklärliche immer mehr in den Fokus rückt. Heutige Herausforderungen, bei denen Wissenschaft und Politik oft nicht ausreichen, um Erklärungen zu liefern, zeigen, dass Geheimnisse eine tragende Rolle in sozialen Interaktionen spielen können.

Alle Religionen enthalten Elemente von Geheimnissen. Zum Beispiel gibt es das Innerste des Tempels im Judentum oder Gottes unerforschlichen Ratschluss. Die geheimen Rituale im Buddhismus dienen dem Schutz anderer und sind ein Ausdruck der spirituellen Tiefe, die in vielen Glaubensrichtungen zu finden ist. Historische Analysen belegen, dass bereits Herodot über ägyptische Mysterien berichtete und diese mit griechischen Geheimnissen verglich. Frühchristliche Autoren hingegen setzten sich negativ mit diesen auseinander. Apostel Paulus machte das griechische Geheimnis zu seinem Eigen, was die historische Relevanz von Geheimnissen in der Entwicklung der Religionsgeschichte verdeutlicht.

Interreligiöser Dialog als Chance

In einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft, wie wir sie im Europa des 21. Jahrhunderts erleben, ist der interreligiöse Dialog von entscheidender Bedeutung. Über 80 Prozent der Menschen weltweit identifizieren sich mit einer Religion, was zeigt, wie wichtig religiöse Identitäten für die Gesellschaft sind. Konflikte, die aus religiösen Differenzen entstehen, sind auch in der Schweiz ein relevantes Thema. Wenn jemand durch das Handeln eines anderen beeinträchtigt wird, können Spannungen aufkommen, die durch aktiven Dialog abgemildert werden können. Hier zeigt sich, dass der interreligiöse Dialog dazu beitragen kann, Feindbilder zu durchbrechen und polarisiertes Denken zu überwinden. Dies ermöglicht es, sowohl die Unterschiede als auch die gemeinsamen Werte wie Mitgefühl, Gerechtigkeit, Solidarität und Frieden zu erkennen.

Im Kanton Graubünden, in dem über 120 Nationen und 30 Religionsgemeinschaften zusammenleben, wurde das Bündner Forum der Religionen 2020 gegründet, um den interreligiösen Austausch zu fördern. Besonders in Davos, wo jüdische Gäste, insbesondere Haredim, in Konflikt mit Einheimischen geraten, hat ein Mediationsprozess zu einem Maßnahmenkatalog zur Verständigung geführt. Die umgesetzten Maßnahmen, wie Informationszentren und der Einbezug von Schlüsselpersonen, zeigen bereits Wirkung und haben zur Beruhigung der Situation beigetragen.

Die Rolle der Religionswissenschaft

Die Religionswissenschaft verfolgt das Ziel, Geheimnisse in der Religion zu untersuchen, anstatt sie zu lüften. Sie betrachtet sie als Phänomen und beleuchtet deren soziale Funktionen. Das facettenreiche Zusammenspiel von Geheimnissen in den verschiedenen Glaubensrichtungen kann als Medium dienen, das in feindlichen oder pluralen Gesellschaften den Selbstschutz und die innerreligiöse Kommunikation fördert. Interreligiöse Kompetenzen werden hierbei als Schlüsselqualifikation betrachtet, um das Verständnis für die religiösen Wurzeln anderer Menschen zu stärken. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat sich ebenfalls der Förderung des interreligiösen Dialogs verschrieben und bietet verschiedene Programme an, um Begegnungen zwischen unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften zu ermöglichen.

Insgesamt zeigt sich, dass Geheimnisse nicht nur einen religiösen Aspekt haben, sondern ein entscheidendes Element für das Zusammenleben in einer diversen Gesellschaft darstellen können. Der interreligiöse Dialog, angeregt durch ein besseres Verständnis der Geheimnisse und ihrer gesellschaftlichen Implikationen, fördert Inklusion und Einheit in der Vielfalt. Dies könnte eine Grundlage für künftige friedliche Interaktionen zwischen Glaubensgemeinschaften bilden.

Für weitere Informationen zu den Forschungen von Dr. Stünkel und den Dialogprojekten klicken Sie bitte auf die folgenden Links: Ruhr-Universität Bochum, Religion.ch, Berliner Missionswerk.