Ein Jahr nach der Messerattacke: Medienstress für die Seelsorger in Solingen

Transparenz: Redaktionell erstellt und geprüft.
Veröffentlicht am
Impressum · Kontakt · Redaktionskodex

Nach der Messerattacke in Solingen 2023 beleuchtet Notfallseelsorge die Herausforderungen und den medialen Druck auf Betroffene.

Nach der Messerattacke in Solingen 2023 beleuchtet Notfallseelsorge die Herausforderungen und den medialen Druck auf Betroffene.
Nach der Messerattacke in Solingen 2023 beleuchtet Notfallseelsorge die Herausforderungen und den medialen Druck auf Betroffene.

Ein Jahr nach der Messerattacke: Medienstress für die Seelsorger in Solingen

Ein Jahr nach der verheerenden Messerattacke in Solingen, die am 23. August 2024 während des 650-Jahr-Jubiläums der Stadt stattfand, wird deutlich, wie wichtig die Notfallseelsorge für die Unterstützung der Betroffenen war. Diese tragischen Ereignisse, bei denen drei Menschen ums Leben kamen und acht weitere verletzt wurden, haben nicht nur den Ort, sondern auch die Menschen stark getroffen. In dieser schwierigen Zeit standen die Helfer der Notfallseelsorge rund um die Uhr bereit, um Trost und Stabilität zu spenden.

Die Notfallseelsorge Solingen, die in einem engagierten Team von etwa 50 Personen besteht, darunter sowohl Hauptamtliche als auch speziell ausgebildete Ehrenamtliche, ist an 365 Tagen im Jahr für die Menschen da. Laut der Notfallseelsorge Solingen leisten sie jährlich etwa 100 Einsätze in Krisensituationen, die von tödlichen Verkehrsunfällen bis hin zu gewaltsamen Straftaten reichen.

Belastung durch Medienberichterstattung

Die Theologin und Traumatherapeutin Simone Henn-Pausch, die die Notfallseelsorge im evangelischen Kirchenkreis Solingen koordiniert, äußert sich zur Belastung, die die Notfallseelsorger nach der Messerattacke erlitten. Medien drangen immer wieder in den Schutzraum für Trauernde ein, was den Helfern zusätzliche Sorgen bereitete. Viele Journalisten befanden sich in der Nähe der Stadtkirche, wo Angehörige, Leichtverletzte und Zeugen betreut wurden. Henn-Pausch berichtet von übergriffigen Momenten, in denen weinende Menschen ohne Rücksicht auf ihre Trauer abgelichtet wurden.

Die Reaktionen aus den Medien waren vielfältig, doch nicht immer sensibel. Immer wieder wurden Betroffene und Anwohner angesprochen und ihre Aussagen ohne vorherige Absprache veröffentlicht, was Henn-Pausch und die Superintendentin als unethisch kritisieren. Zudem war die Flut an Medienanfragen auch aus dem Ausland eine große Belastung für das Team. Die Helfer waren oftmals gezwungen, Interviews nur unter der Bedingung zuzulassen, dass diese draußen stattfanden – der Schutz der seelisch Verzweifelten hatte höchste Priorität.

Ein wichtiger Rückhalt in Krisenzeiten

Die Notfallseelsorge bietet eine unverzichtbare Unterstützung für Menschen, die in akuten Krisensituationen stehen. Die Hilfe ist für alle Menschen in Solingen kostenlos und unabhängig von Konfession oder Glauben. Es ist ein Ort, wo Schmerz und Trauer Platz haben, wo Menschen lernen können, mit der Situation umzugehen und einen Abschied zu nehmen. „Unser Ziel ist es, den Betroffenen zu helfen, den Schmerz auszuhalten und ihre Situation zu begreifen“, erklärt Henn-Pausch.

Die emotionale Belastung für die Seelsorger selbst ist enorm. Sie erhalten nicht nur Fragen zu den Vorfällen, sondern sehen sich auch beleidigenden E-Mails ausgesetzt, die als Reaktion auf ihre Pressestatements eintreffen. „Es sollten nur hauptamtliche Kräfte Medienauskünfte erteilen“, betont Henn-Pausch, um eine klare und respektvolle Kommunikation zu wahren.

Diese Ereignisse und Herausforderungen der letzten Monate zeigen, wie essenziell eine gut ausgebildete Notfallseelsorge ist, um in schwierigen Zeiten einen Rückhalt zu bieten. Die Betroffenen sind nicht allein – das Team der Notfallseelsorge steht bereit.