Prozess gegen IS-Paar: Völkermord und Sklaverei vor Gericht in München

Prozess gegen IS-Paar: Völkermord und Sklaverei vor Gericht in München
Am Oberlandesgericht München beginnt heute ein Prozess gegen ein irakisches Ehepaar, das wegen Völkermords und Menschenhandels angeklagt ist. Der 43-jährige Hama S. und die 29-jährige Asia R. sind mutmaßliche Mitglieder des Islamischen Staats (IS). Ihnen wird vorgeworfen, zwei jesidische Mädchen als Sklavinnen ausgebeutet und sexuell missbraucht zu haben. Die Festnahmen von Hama S. und Asia R. fanden im April 2024 im Landkreis Roth und in Regensburg statt, wie pnp.de berichtet.
Die Anklage stützt sich auf schwere Vorwürfe, die die grausame Realität des IS und dessen Verbrechen gegen die Jesiden beleuchten. Zwischen Oktober und Dezember 2015 kauften die Angeklagten auf Wunsch von Asia R. ein fünfjähriges jesidisches Mädchen als sogenannte Brautgabe. Dieses Mädchen wurde mehr als zwei Jahre lang im Irak und in Syrien gefangen gehalten und missbraucht. Ein weiteres jesidisches Mädchen, welches im Oktober 2017 als Zwölfjährige gekauft wurde, erlitten ähnliche Schicksale. Beide Mädchen wurden später an andere IS-Kämpfer weitergegeben, wobei das Schicksal des jüngeren Mädchens ungewiss bleibt.
Völkermord an den Jesiden
Die Taten des Ehepaars stehen im Kontext der verheerenden Angriffe des IS auf die jesidische Gemeinschaft im Jahr 2014. Am 3. August überfielen IS-Kämpfer jesidische Dörfer im Nordirak, was zu einem systematischen Vernichtungsfeldzug führte. Dabei wurden mehr als 5.000 Jesiden getötet und etwa 7.000 Frauen und Kinder verschleppt. Die Vereinten Nationen haben diese Gräueltaten als Genozid anerkannt und bescheinigen, dass sie mit dem Ziel durchgeführt wurden, die jesidische Religion durch Zwangskonversion, Versklavung und Vergewaltigung zu zerstören, so bpb.de.
Die jesidische Gemeinschaft, die vor dem Genozid aus bis zu 700.000 Menschen bestand, ist seitdem stark dezimiert. Bis heute sind nur wenige Jesidinnen und Jesiden in ihre Heimat zurückgekehrt. Viele leben weiterhin in Flüchtlingslagern in kurdisch kontrollierten Gebieten des Irak oder sind ins westliche Ausland emigriert. In Deutschland lebt die größte Diasporagemeinde mit bis zu 250.000 Menschen. Diese ist größtenteils vor dem Genozid emigriert, während die Verfolgten und ihre Nachkommen neue Heimatsuchende in Europa sind.
Rechtliche Konsequenzen und internationale Reaktionen
Die rechtlichen Schritte gegen die Angeklagten im Prozess in München sind Teil einer breiteren Anstrengung, die schwersten Verbrechen des IS aufzudecken und zu ahnden. Die juristische Aufarbeitung der Verbrechen erfolgt derzeit vor nationalen Gerichten, da der Internationale Strafgerichtshof die Vergehen nicht verfolgt. Diverse Staaten, darunter auch Deutschland, haben bereits einzelne IS-Kämpfer verurteilt. Die Geschehnisse rund um die jesidische Gemeinschaft und die Verbrechen des IS gegen sie bleiben ein drängendes Thema in der internationalen Politik, da die politische Lage in der Region weiterhin instabil ist.
Die Aufarbeitung und die Rückkehr der Jesiden in ihre Heimat sind stark von den aktuellen Geschehnissen und internationalen Reaktionen abhängig. Der Wiederaufbau der vom IS zerstörten Regionen gestaltet sich schwierig, und viele Menschen leben noch immer in Notunterkünften. Der Prozess in München könnte dazu beitragen, Licht in die dunkle Zeit der Verfolgung zu bringen und den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.