Polio wurde 1979 in den Vereinigten Staaten dank hoher Impfraten ausgerottet. Aber jetzt wurde die Krankheit in Abwasserproben in mehreren Landkreisen nachgewiesen, ein Mann wurde irreversibel gelähmt und der Ausnahmezustand wurde ausgerufen.
Es wird angenommen, dass die nicht identifizierte Person, die nicht geimpft wurde, eine von Hunderten von New Yorkern ist, die sich mit dem Virus infiziert haben, da nur einer von 200 Menschen von Lähmungen betroffen ist.
„Wir wissen, dass dies die Spitze des Eisbergs ist, es gibt wahrscheinlich Hunderte und Aberhunderte von Fällen“, sagte Dr. Patricia Schnabel Ruppert, die Gesundheitskommissarin des Rockland County, in dem der Mann lebt.
„Ein Fall von Polio ist im Wesentlichen ein Ausbruch – denn ein Fall von paralytischer Polio bedeutet, dass Sie mit ziemlicher Sicherheit Hunderte anderer Menschen haben, die infiziert sind“, fügte Dr. Emily Lutterloh, Direktorin für Epidemiologie am Wadsworth Centre, dem Labor, das den Fall entdeckte, hinzu.
Die Polio-Impfrate im Bundesstaat New York liegt bei 79 Prozent. Aber in Rockland County, das eine Bevölkerung von 330.000 Einwohnern hat, sind es nur 61 Prozent. Einige Postleitzahlen in Rockland haben „viel niedrigere Raten“, warnte Dr. Schnabel Ruppert.
„Es gibt Bereiche, die sehr dicht sind. Eine Postleitzahl hat eine Impfquote von 37,2 Prozent. Es ist sehr besorgniserregend“, sagte sie dem Telegraph letzte Woche.
Die Proben haben zu „allen praktischen Anstrengungen“ geführt, sagte Dr. Schnabel Ruppert, bei denen das New York State Department und das Center for Disease Control eingezogen sind, um die Überwachung zu verstärken.
Globale Verbreitung
Abwassertests haben das Virus seitdem in New York City und den Grafschaften Orange, Sullivan und Nassau nachgewiesen. Ähnliche Tests haben auch gezeigt, dass Poliovirus in London und Jerusalem zirkuliert, in letzterem wurde eine zweite Person gelähmt.
Anders als bei früheren Ausbrüchen handelt es sich bei dem in allen drei Ländern entdeckten Virus nicht um wilde Polio, sondern um einen Impfstoff.
Wenn eine Person mit einem oralen Polio-Impfstoff immunisiert wird – der in den USA oder Großbritannien nicht mehr verwendet wird – repliziert sich das geschwächte Impfvirus im Darm und erzeugt eine Immunantwort. Der Impfstoff wird dann ausgeschieden und kann sehr selten mutieren und sich auf andere ungeimpfte Personen ausbreiten, insbesondere wenn die Durchimpfung gering ist. Dies kann dann zu Ausbrüchen von Polio führen.
Ein neuerer, inaktivierter Impfstoff (der kein lebendes Virus enthält) führt nicht zu diesem Ausscheidungsprozess. Aber es ist nicht so effektiv, um Ausbrüche zu stoppen, und es ist schwieriger zu verabreichen und zu verteilen, was bedeutet, dass Länder, die immer noch gegen das wilde Poliovirus kämpfen, dazu neigen, den oralen Impfstoff zu verwenden.
Experten haben vermutet, dass sich die Fälle daher möglicherweise aus einem Land wie Afghanistan oder Pakistan ausgebreitet haben, die weiterhin die orale Immunisierung anwenden.
Polio ist oft asymptomatisch und Menschen können das Virus übertragen, auch wenn sie nicht krank erscheinen. Aber es kann leichte, grippeähnliche Symptome hervorrufen, die bis zu 30 Tage dauern können, bis sie auftreten. Es gibt keine Heilung, und es kann zu irreversiblen Lähmungen führen – und 10 Prozent der Gelähmten sterben.
Diejenigen, die einen der beiden Impfstoffe – den oralen Impfstoff oder den in Großbritannien und den USA verwendeten inaktivierten Impfstoff – erhalten haben, sind vor Lähmungen geschützt.
„Eine völlige Überraschung“
Die positive Polio-Probe in Rockland war der erste bestätigte Fall des Landes seit fast 10 Jahren. Dr. Kirsten St. George, Direktorin für Virologie am Wadsworth Center, sagte, die Ergebnisse seien eine „völlige Überraschung“. Dutzende von Wissenschaftlern wurden nun beauftragt, an der Überwachung zu arbeiten.
Dr. Lutterloh fügte hinzu, dass der Fall Bedenken hinsichtlich anderer durch Impfung vermeidbarer Krankheiten im Bundesstaat ausgelöst habe.
„Jedes Mal, wenn Sie niedrige Impfraten haben und einen Fall von Polio sehen, müssen wir uns auch um Masern und Mumps Sorgen machen“, sagte sie. Im Jahr 2019 erlitten die USA einen schweren Masernausbruch, bei dem 1.274 Fälle gemeldet wurden – gegenüber 63 im Jahr 2010. Dem Land gelang es, die Ausbreitung sechs Tage einzudämmen, bevor es den Status der Eliminierung der Masern verloren hätte.
Die Gouverneurin des Bundesstaates New York, Kathy Hochul, hat wegen Polio eine Katastrophe für den Bundesstaat ausgerufen, was die Verfügbarkeit von Ressourcen erhöht und es Mitarbeitern des Rettungsdienstes, Hebammen und Apothekern ermöglicht hat, Polio-Impfstoffe zu verabreichen. Jetzt läuft eine Impfkampagne.
Aber Dr. Lutterloh warnte davor, dass niedrige Impfraten nicht nur in New York ein Problem seien.
„Es gibt eine Menge Fehlinformationen und Desinformationen da draußen … das ist nicht nur ein Problem in New York“, sagte sie. „Wie wir alle in den letzten Jahren gelernt haben, kann ein Virus überall zu einer Bedrohung werden.“
Während die Polio-Fälle seit 1998 weltweit um 99 Prozent zurückgegangen sind, erinnert das Auftauchen des Virus in New York und London daran, dass der Kampf gegen Polio noch nicht beendet ist.
„Die Schlüsselbotschaft der Geschehnisse in New York und London lautet: Solange es überall zu einer Übertragung kommt, ist die Übertragung überall ein Risiko“, sagte Aidan O’Leary, Direktor für die Ausrottung von Polio bei der Weltgesundheitsorganisation.
„Wir müssen die Arbeit beenden“
Derzeit seien bis zu 95 Prozent der weltweiten Fälle in Pakistan, Jemen, der Demokratischen Republik Kongo, Nigeria und Somalia lokalisiert, sagte er.
„London und New York haben die richtigen Dinge getan – sie haben daran gearbeitet, ihre Überwachungssysteme zu erweitern und zu intensivieren, um das Ausmaß und den Umfang des Risikos vollständig zu verstehen. Sie haben sehr hohe Impfraten, sie haben auch sehr gute Hygienesysteme. Das Risiko bleibt am unteren Ende des Spektrums“, sagte Herr O’Leary.
„Das eigentliche Problem, das dies mit sich bringt, besteht darin, die Aufgabe des Schutzes zu beenden [people from polio] mit Impfstoffen“, sagte Herr O’Leary. „Wir sind mit dem Impfprogramm so weit gekommen, dass wir jetzt bei dieser Frage angelangt sind: Steht es ganz oben auf der Prioritätenliste der Risiken? Und die Antwort ist nein.“
„Während der Pandemie mussten wir 60 aussetzen [polio vaccine] Kampagnen in 20 Ländern. Diese Suspension gab dem Virus Zeit und Raum, um zu zirkulieren. Seit der Wiederaufnahme ist die Entwicklung der Fälle stark rückläufig“, sagte er.
Am Mittwoch warnte die Panamerikanische Gesundheitsorganisation auch davor, dass Brasilien, die Dominikanische Republik, Haiti und Peru einem sehr hohen Risiko für die Wiedereinschleppung von Polio ausgesetzt sind, da sinkende Impfraten während der Coronavirus-Pandemie zu einem historischen Tiefstand beim Schutz vor der Krankheit geführt haben.
Der regionale Impfschutz für Polio ist auf etwa 79 Prozent gesunken, der niedrigste Wert seit 1994, sagte PAHO.
„Lassen Sie uns ganz klar sein“, sagte Carissa Etienne, PAHO-Direktorin. „Polio ist keine behandelbare Krankheit. Prävention ist die einzige Option, und Prävention ist nur mit Impfstoffen möglich.“
„Wir müssen erkennen, dass es in Bezug auf die Durchführung und Beendigung von Aufgaben wie der Ausrottung der Kinderlähmung nur ein begrenztes Zeitfenster gibt“, fügte Herr O’Leary hinzu. „Die Lehre aus London und New York ist, dass es von entscheidender Bedeutung ist, diese Jobs zu beenden.“
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