Rentnerpaar in Nördlingen verliert nach 89 Jahren ihr Zuhause!

Nördlingen, Deutschland - In Nördlingen steht ein Rentnerehepaar vor der dramatischen Aussicht, nach 89 Jahren ihr Zuhause zu verlieren. Gabriele Schröppel und Hans-Peter Schiele leben auf einem Grundstück, das sie seit langer Zeit nach Erbbaurecht gepachtet haben. Der Pachtvertrag für das Grundstück, das im Eigentum einer Stiftung der Stadt steht, läuft bald aus. Ab dem kommenden Jahr plant die Stadt eine drastische Erhöhung der Pacht von 11 Euro auf 440 Euro monatlich, was das Paar als untragbar empfindet. Gabriele Schröppel bezeichnet die Erhöhung als „bodenlos“ und ist angesichts der neuen finanziellen Belastung tief erschüttert.

Die Hintergründe dieser Preiserhöhung sind vielschichtig. Erbbaurechte wurden bereits 1919 in Deutschland eingeführt, um es auch ärmeren Menschen zu ermöglichen, ein Eigenheim zu bauen. Nun laufen jedoch viele Erbbaurechtsverträge in Nördlingen aus, was zu einem Anstieg der Pachtpreise führt. Hans-Peter Schiele äußert sein Unverständnis über die drastische Höhe der neuen Pacht und fühlt sich von der Stadt unfair behandelt. Vor neun Jahren versuchte das Paar, das Grundstück zu kaufen, wurde jedoch nicht dazu zugelassen. Nun verlangt die Stadt 200.000 Euro für den Kauf, eine Summe, die für viele, insbesondere für Senioren, einfach nicht zu stemmen ist.

Politische Reaktionen und Lösungen

Das Rathaus sowie der Stadtrat der Stadt Nördlingen haben sich zu den Vorgängen bislang nicht öffentlich geäußert, arbeiten jedoch laut internen Informationen an einer Lösung. Matthias Nagel vom Erbbaurechtsverband hat die Begründungen für die Preiserhöhung der Stadt bestätigt, was das Gefühl von Unsicherheit für viele betroffene Bauträger verstärkt. Mit über 99 Prozent der Erbbaurechtsverträge, die Anpassungen des Erbbauzins während der Laufzeit vorsehen, ist diese Entwicklung nicht isoliert, sondern Teil eines größeren Trends im Erbbaurecht in Deutschland.

Laut einer Studie des Deutschen Erbbaurechtsverbands, die von Jones Lang LaSalle (JLL) durchgeführt wurde, sind etwa 5 Prozent aller Grundstücke in Deutschland im Erbbaurecht vergeben. Diese Regelungen gewinnen insbesondere vor dem Hintergrund der Diskussion um bezahlbaren Wohnraum zunehmend an Bedeutung. 52 Prozent der Erbbaurechtsgeber verwenden den Bodenwert inklusive Erschließungskosten als Berechnungsgrundlage für den Erbbauzins. Zu den Anpassungen gehört häufig eine Orientierung am Verbraucherpreisindex, wie auch in 88 Prozent der bestehenden Verträge zu finden ist.

Die Herausforderungen des Erbbaurechts

Die mittlere Laufzeit neuer Erbbaurechtsverträge beträgt etwa 85 Jahre, wobei rund 36 Prozent sogar Laufzeiten von mehr als 99 Jahren anbieten. Diese Angebote könnten für viele betroffene Familien von Bedeutung sein, da sie die Unsicherheiten der gegenwärtigen Situation mildern könnten. Dennoch sehen sich viele, wie das Ehepaar Schröppel und Schiele, angesichts unaufhaltsam steigender Preisforderungen massiven finanziellen Hürden gegenüber.

Die komplette Studie „Erbbaurechte im Wohnungsmarkt“ ist online kostenlos verfügbar und bietet Einblick in die aktuellen Trends und Herausforderungen im deutschen Erbbaurechtswesen. Angesichts der drängenden Fragen hinsichtlich bezahlbarem Wohnraum bleibt abzuwarten, welche Lösungen die Stadt Nördlingen für die betroffenen Familien findet und ob sich die Politik des Erbbaurechts in naher Zukunft möglicherweise reformieren wird.

Für weitere Informationen zu den Hintergründen und Entwicklungen im Erbbaurecht, siehe Focus berichtet und die Studie vom Erbbaurechtsverband.

Details
Vorfall Gesetzgebung
Ursache Preiserhöhung
Ort Nördlingen, Deutschland
Quellen