Gräueltaten in Syrien: Aalener Experte warnt vor neuer Welle der Gewalt

Antakya, Türkei - In der türkisch-syrischen Grenzregion herrscht eine alarmierende Welle der Gewalt. Der Aalener Roland Hamm, der seit 30 Jahren die Region bereist, beschreibt die aktuellen Geschehnisse als Gräueltaten und berichtet von einer hohen Zahl an Opfern. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden zuletzt rund 1.500 Menschen getötet, darunter 1.068 Zivilisten, insbesondere Alawiten. Diese Verletzungen der Menschenrechte führen zu wachsender Besorgnis über die Sicherheit aller ethnischen und religiösen Gruppen in Syrien.

In den vergangenen Wochen hat die Übergangsregierung unter Ahmed al-Scharaa versucht, mit militärischen Maßnahmen Stabilität wiederherzustellen. Hamm beobachtet jedoch, dass die Täter, die Gewalt gegen Zivilisten verüben, oft mit dem politischen Sunnismus und der Übergangsregierung in Verbindung gebracht werden. Diese Einsichten stehen im Einklang mit Berichten, die darauf hindeuten, dass bewaffnete Anhänger der Assad-Regierung Sicherheitskräfte überfallen und zu einer Eskalation der Gewalt beitragen. Die Übergangsregierung reagierte mit Militäroperationen, die Artillerie und Panzer einsetzten.

Die angespannte Lage der Alawiten

Die Alawiten, eine religiöse Minderheit, befinden sich in einer besonders verletzlichen Position. Nachdem sie unter dem Assad-Regime privilegiert waren, sehen sie sich nun der Attacke sunnitischer Dschihadisten ausgesetzt, die sie als „Abtrünnige“ betrachten. Viele Alawiten aus von Gewalt betroffenen Gebieten haben ihre Häuser verlassen und verstecken sich in den Bergen. Hamm äußert Bedenken, dass diese Minderheit nicht ausreichend geschützt werden kann, und verweist auf die bestehenden Ängste in Aalens türkischer Partnerstadt Antakya/Hatay, wo viele Alawiten leben. Er glaubt jedoch nicht, dass gegenwärtig konkrete Gefahren für sie bestehen, zumindest nicht in der Stadt, die nach dem verheerenden Erdbeben vor zwei Jahren stark zerstört ist.

Die Situation wird zudem kompliziert durch das missmutige Verhältnis zwischen verschiedenen Volksgruppen. Berichten zufolge haben die Drusen bewaffnete Milizen gegründet, um sich selbst zu schützen, und zeigen gleichzeitig Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Übergangsregierung. Dies verdeutlicht das allgemeine Misstrauen unter den verschiedenen ethnischen Gruppen und die anhaltenden Herausforderungen für die Kontrolle bewaffneter Gruppen im Land.

Menschenrechtslage und internationale Verantwortung

Die allgemeine Menschenrechtslage in Syrien ist besorgniserregend. Im Jahr 2022 waren Zehntausende Opfer des Verschwindenlassens, darunter Journalist*innen und Menschenrechtsaktivisten. Anderswo berichteten Organisationen von willkürlichen Festnahmen und schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen, insbesondere in den von der Syrischen Nationalarmee kontrollierten Gebieten. Amnesty International hat dokumentiert, dass viele der Inhaftierten unter katastrophalen Bedingungen leiden und keinen Zugang zu Rechtsbeiständen haben.

Hamm betont, dass die internationale Gemeinschaft eine Schlüsselrolle im Wiederaufbau Syriens spielen muss. Dabei ist es unabdingbar, dass Wiederaufbauhilfen an politische Bedingungen geknüpft werden, um die Schaffung eines pluralistischen Staates sicherzustellen, der allen ethnischen und religiösen Minderheiten Schutz gewährt.

Die Hoffnung auf ein Ende der Gewalt und die Rückkehr zur Stabilität bleibt angesichts der gegenwärtigen Lage und der tief sitzenden Unsicherheiten in Syrien fragil. Der Ausdruck von Solidarität mit den betroffenen Minderheiten und die Druckausübung auf die internationalen Akteure könnten entscheidende Elemente sein, um einen nachhaltigen Frieden zu fördern.

Für nähere Informationen und aktuelle Berichterstattung folgen Sie den Quellen: Schwäbische Post, Deutschlandfunk und Amnesty International.

Details
Vorfall Mord/Totschlag
Ursache Gewalt, politische Konflikte
Ort Antakya, Türkei
Verletzte 1500
Quellen