Neue Perspektiven der Geschichte: Bielefelder Projekt erhält 1 Million Euro!

Bielefeld, Deutschland - Die Volkswagenstiftung gibt bekannt, dass sie ein Forschungsprojekt an der Universität Bielefeld mit knapp einer Million Euro unterstützt. Das Vorhaben unter der Leitung von Professorin Dr. Lisa Regazzoni zielt darauf ab, die Geschichtswissenschaft durch die Erforschung von Materialität und entsprechenden Theorien in den Naturwissenschaften neu zu denken. Dabei wird das Projekt mit dem Titel „Towards a Material-Oriented Theory of History“ voraussichtlich Anfang 2026 starten. Die Förderung in Höhe von 935.000 Euro erfolgt im Rahmen des Momentum-Programms, welches sich an Professoren in den ersten Jahren ihrer Lebenszeitprofessur richtet und Freiräume für innovative Forschungsansätze schaffen soll, bei einer maximalen Laufzeit von sieben Jahren.

Professorin Regazzoni, die Philosophie und Geschichte studiert hat und 2006 in diesem Bereich promovierte, möchte die in der traditionellen Geschichtswissenschaft vorherrschende Sichtweise, die Vergangenheit als abgeschlossene Ereignisse betrachtet, herausfordern. Ihr Ansatz fokussiert sich auf die „Theorie-Dinge“, wie beispielsweise Eisenschlacke, Kieselsteine und Flecken auf alten Taufhauben, um historische Phänomene durch die Linse der Materialität zu untersuchen. Dies soll neue wissenschaftliche Fragestellungen zur Beziehung zwischen Natur- und Menschengeschichte eröffnen.

Innovatives Konzept und Object Laboratory

<pEin zentrales Element des Projekts ist das Theorieorientierte Objektlabor („TOOL“), in dem sowohl Historiker als auch Naturwissenschaftler historische Objekte analysieren. Dr. Boaz Paz von den Paz Laboratorien für Archäometrie wird dabei spezielle Mikroskope und chemische Verfahren einsetzen. Die TOOL-Sammlung umfasst bereits 40 signifikante Objekte, darunter eine Figurensammlung des renommierten Historikers Reinhart Koselleck.

Das Projekt zielt darauf ab, eine gemeinsame Sprache zwischen den Natur- und Geisteswissenschaften zu entwickeln, um eine neue Theorie der Geschichte zu formulieren, die für alle historischen Wissenschaften von Nutzen sein soll. Dies geschieht im Kontext einer breiteren wissenschaftlichen Diskussion über den Begriff „Materialität“, der mittlerweile in der geschichtswissenschaftlichen Forschung weit verbreitet ist, jedoch häufig unbestimmt bleibt. Historikertag erläutert, dass Materialität als Forderung verstanden wird, die Dinglichkeit der Welt ernst zu nehmen und dies nicht nur im Hinblick auf die Geschichte der materiellen Kultur.

Materialität in der Geschichtsforschung

Die aktuelle Diskussion über Materialität deckt verschiedene Bereiche ab, darunter Medizin- und Wissensgeschichte sowie Umwelt- und Technikgeschichte. Kritische Auseinandersetzungen am Schnittpunkt zwischen Geschlechterforschung und Konstruktivismus zeigen zudem die Relevanz von Materialität für Subjektivierung und politische Kultur. Die Sektion „Materialität: Konzepte und Erkenntnispotenzial“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Schnittmengen und Gemeinsamkeiten der verschiedenen Ansätze zu untersuchen.

In diesem Rahmen finden Beiträge von Wissenschaftlern wie Achim Landwehr, Hedwig Richter und Sigrid Köhler statt, die die verschiedenen Dimensionen der Materialität beleuchten und deren Potenzial für die empirische Forschung diskutieren. Das Engagement der Volkswagenstiftung für solche innovativen Forschungsprojekte zeigt die wachsende Bedeutung von Materialität in der Geschichtswissenschaft und darüber hinaus.

Die Fördermittel der Volkswagenstiftung sind zweckgebunden, wobei spezielle Rahmenbedingungen gelten. So dürfen diese nicht zur Deckung von Etatlücken oder zur Entlastung des Grundetats einer Institution verwendet werden, wie das Meldung auf der Webseite der Volkswagenstiftung verdeutlicht.

Details
Vorfall Sonstiges
Ort Bielefeld, Deutschland
Schaden in € 935000
Quellen