Dringender Appell: Kommt die Wehrpflicht zur Rettung der Bundeswehr?

Kanzleramtschef Frei fordert Entscheidung zur Wehrpflicht. Verteidigungsminister Pistorius warnt vor den aktuellen Bedrohungen.
Kanzleramtschef Frei fordert Entscheidung zur Wehrpflicht. Verteidigungsminister Pistorius warnt vor den aktuellen Bedrohungen. (Symbolbild/NAGW)

Dringender Appell: Kommt die Wehrpflicht zur Rettung der Bundeswehr?

Herford, Deutschland - In Deutschland steht die Diskussion über die Wehrpflicht wieder auf der Agenda. Kanzleramtschef Thorsten Frei macht Druck und fordert eine zeitnahe Entscheidung zur Aufstockung der Bundeswehr. Nach seinen Worten muss die schwarz-rote Koalition eine klare Verabredung treffen, um das Ziel von 203.000 aktiven Soldaten zu erreichen, was bis dato nicht durch freiwillige Rekrutierung geschafft wurde. „Wir haben kaum Zeit, um das Ziel auf freiwilliger Basis zu erreichen, insbesondere angesichts der aktuellen Bedrohungslage“, so Frei. Dies berichtet Radio Herford.

Die Bundeswehr zählt derzeit etwas mehr als 180.000 Soldaten. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat klar erkannt, dass etwa 50.000 bis 60.000 zusätzliche Soldaten erforderlich sind, um die geforderte Zielgröße zu erreichen. Der Spielraum für freiwillige Rekrutierung wird immer enger, und die Bedeutung einer Diskussion über den Wehrdienst wird zunehmend dringlicher.

Ein neuer Wehrdienst?

Mit dem Konzept „Neuer Wehrdienst“, das Verteidigungsminister Pistorius am 12. Juni 2024 in Berlin präsentierte, soll ein Auswahl-Wehrdienst ohne Pflicht geschaffen werden. Laut Tagesschau müssen junge Männer ab 18 Jahren einen Fragebogen ausfüllen und sind zu einem Musterungstermin eingeladen. Frauen sind von dieser Pflicht nicht betroffen, können jedoch ebenfalls teilnehmen. Jährlich plant die Bundeswehr, etwa 400.000 junge Männer zu kontaktieren, in der Hoffnung, 25 Prozent von ihnen zu aktivieren.

Skepsis gegenüber diesem Modell bleibt nicht aus, insbesondere ob es wirklich das Rekrutierungsproblem der Bundeswehr lösen kann. In der Regierungskoalition gibt es Widerstand, besonders aus Reihen der SPD und des Kanzleramtes. „Wir brauchen eine Planbarkeit für die Truppe und eine verlässliche Rekrutierung“, betont Pistorius, während Experten sich über die mögliche Wehrgerechtigkeit und alternative Ersatzdienste austauschen.

Die sicherheitspolitische Lage verändert sich

Angesichts der sich grundlegend verändernden sicherheitspolitischen Lage in Europa ist die Frage nach einer möglichen Rückkehr zur Wehrpflicht aktuell wie nie. Alarmierende Berichte bestätigen, dass der Bundesnachrichtendienst und die Bundeswehr vor der Gefahr eines russischen Angriffs auf NATO-Territorium warnen. Ein konventioneller Krieg könnte bis Ende der Dekade Realität werden, was die Verteidigungsanstrengungen erheblich erfordert, wie WDR berichtet.

Obwohl die Wehrpflicht theoretisch in Friedenszeiten mit einer einfachen Mehrheit im Parlament wieder aktiviert werden könnte, zeigt die Realität, dass die Bundeswehr momentan nicht für die Umsetzung gerüstet ist. Kasernen wurden verkauft, Wehrersatzämter abgeschafft, und es mangelt nicht nur an Personal, sondern auch an den nötigen Infrastruktur. Henning Otte, der neue Wehrbeauftragte, hält eine Wiederaufnahme der Wehrpflicht jedoch für unumgänglich und schlägt ein Modell nach schwedischem Vorbild vor.

Die anhaltende Diskussion über die Wehrpflicht wird nicht nur die Politik prägen, sondern auch das gesellschaftliche Klima und die Einstellung junger Menschen zur Verteidigung und zum Dienst an der Gesellschaft nachhaltig beeinflussen. In der unsicheren Welt von heute könnte eine allgemeine Dienstpflicht mittelfristig notwendig werden, so die Überlegungen der Verantwortlichen im Verteidigungsministerium.

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OrtHerford, Deutschland
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