Neutrinos unter der Lupe: KATRIN erzielt Rekord bei Neutrinomasse
Münster, Deutschland - In einem bahnbrechenden Forschungsfortschritt hat das „Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment“ (KATRIN) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) die Obergrenze für die Neutrinomasse auf 0,45 Elektronenvolt (eV) gesenkt, was 8 x 10^-37 Kilogramm entspricht. Damit setzt KATRIN neue Maßstäbe in der Teilchenphysik und Kosmologie, da Neutrinos, die elektrisch neutral sind und in drei Typen existieren (Elektron-, Myon- und Tau-Neutrinos), zu den fundamentalsten Teilchen des Universums zählen. Diese Ergebnisse wurden am 11. April 2025 in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht, was als wesentlicher Beitrag zur Physik der Neutrinos angesehen wird, die lange als masselos galten, bis neuere Erkenntnisse das Gegenteil belegten.
Die Forschungsteam ist dank verbesserter Datenerfassung und reduzierter systematischer Unsicherheiten in der Lage, präzisere Messungen durchzuführen. Der leitende Wissenschaftler Max Aker und die KATRIN-Kollaboration präsentierten die Ergebnisse der ersten fünf Messkampagnen, bei denen über 36 Millionen Elektronen über 259 Messtage zwischen 2019 und 2021 gesammelt wurden. Diese Datenmenge ist sechsmal größer als die früheren Versuchsreihen und hat die bestehende Obergrenze für die Neutrinomasse erheblich gesenkt, indem sie die vorherigen Werte fast halbiert hat.
Messmethoden und Ergebnisse
KATRIN misst die Neutrinomasse durch die Analyse des Beta-Zerfalls von Tritium. Während dieses Prozesses wandelt sich ein Neutron in ein Proton um, wobei ein Elektron und ein Elektron-Antineutrino emittiert werden. Durch die Analyse der Energieverteilung dieser Teilchen können Forscher Rückschlüsse auf die Neutrinomasse ziehen. Die neue Obergrenze von 0,45 eV mit 90%iger Konfidenz ist die dritte Verfeinerung dieser Messung und zeigt klar, dass Neutrinos deutlich weniger Masse als Elektronen haben — mindestens eine Million Mal weniger.
Die KATRIN-Infrastruktur selbst ist beeindruckend: Das Experiment erstreckt sich über eine 70 Meter lange Anlage mit einem zehn Meter durchmessenden Spektrometer, das für seine hohe Präzision bekannt ist. Die Integration moderner Analysemethoden, einschließlich Künstlicher Intelligenz, hat die Empfindlichkeit der Messungen weiter erhöht.
Ausblick auf zukünftige Forschungen
Die Messungen zur Neutrinomasse sollen bis Ende 2025 fortgesetzt werden, wobei ein neues Detektorsystem, genannt TRISTAN, ab 2026 installiert wird. Dieses System soll zur Suche nach hypothetischen sterilen Neutrinos beitragen, einem weiteren interessanten Forschungsbereich in der Physik. Zudem erarbeitet die KATRIN-Kollaboration ein Forschungs- und Entwicklungsprogramm namens KATRIN++, um Konzepte für künftige Experimente zur Neutrinomasse zu entwickeln.
Wie bereits erwähnt, ist Christian Weinheimer von der Universität Münster maßgeblich an diesem Projekt beteiligt und war bis 2022 einer der Sprecher des Experiments. Die wissenschaftlichen Fortschritte der KATRIN-Kollaboration sind ein bedeutender Schritt in Richtung eines besseren Verständnisses der fundamentalen Naturgesetze. Mit der Datenakquisition, die 1000 Tage umfassen wird und bis Ende 2025 geplant ist, könnte KATRIN eines der revolutionärsten Experimente in der Neutrino-Physik hervorgebracht haben.
Die Ergebnisse von KATRIN haben die bestehenden Konzepte in der Teilchenphysik herausgefordert und rollen die Grundlagen umfangreicher theoretischer Modelle auf. Die exakte Messung der Neutrinomasse könnte weitreichende Implikationen für unser Verständnis des Universums und der Grundlagenphysik haben.
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Ort | Münster, Deutschland |
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