Tierversuche in der Forschung: Notwendig oder unverantwortlich?

Professorinnen der Universität Münster plädieren für einen differenzierten Umgang mit Tierversuchen in der Forschung.
Professorinnen der Universität Münster plädieren für einen differenzierten Umgang mit Tierversuchen in der Forschung. (Symbolbild/NAG Archiv)

Münster, Deutschland - Ein Mausmaki in Madagaskar trägt einen Sender zur Telemetrie, um das Bewegungsverhalten des Tieres zu erfassen. Diese innovative Methode ist Teil der Forschungsarbeit von Professorinnen Helene Richter und Melanie Dammhahn von der Universität Münster, die sich für eine differenzierte Betrachtung von Tierversuchen aussprechen. Sie betonen, dass viele Wissenschaftler mit Problemen konfrontiert sind, die durch striktere gesetzliche Vorgaben und längere Genehmigungsverfahren entstehen.

Tierversuche sind insbesondere in der Verhaltensbiologie und der Tierwohlforschung von großer Bedeutung. Oftmals wird der Begriff „Tierversuch“ ausschließlich mit der biomedizinischen Forschung verbunden, während andere Forschungsbereiche ebenso betroffen sind. Dazu gehören kritische Erkenntnisse über das Verhalten von Tieren, die nur unter kontrollierten Bedingungen in Laborversuchen oder unter ökologisch relevanten Rahmenbedingungen bei Freilandversuchen gewonnen werden können.

Herausforderungen und gesetzliche Rahmenbedingungen

Die Diskussion um Tierversuche in Deutschland ist von der Komplexität gesetzlicher Rahmenbedingungen geprägt. Laut dem deutschen Tierschutzgesetz gelten Tierversuche als Eingriffe, die mit Schmerzen oder Leiden verbunden sein können. Daher ist es wichtig, dass die Anzahl der verwendeten Tiere und das Ausmaß ihrer Belastung auf das notwendige Minimum beschränkt werden. Jährlich werden über 3 Millionen Tiere in Deutschland für Forschungszwecke eingesetzt, wie tierschutzgesetz.net berichtet.

Der Paragraph 7a des Tierschutzgesetzes legt die Anforderungen an Tierversuche fest und hat als Ziel, das Tierwohl zu wahren und Leiden zu minimieren. Tierversuche sind nur zulässig, wenn sie unerlässlich sind und keine Alternativen existieren. Zudem müssen alle Forscher die Notwendigkeit des Tierversuchs klar begründen und strenge Auflagen einhalten. Ein Tierschutzbeauftragter muss ebenfalls bestellt werden, um die Einhaltung dieser Vorschriften zu überwachen.

Forderungen nach Reformen

Die beiden Professorinnen von der Universität Münster kritisieren eine unreflektierte Diskussion um den Ersatz von Tierversuchen. Einseitige Forderungen zur maximalen Reduzierung der eingesetzten Tiere könnten die wissenschaftliche Aussagekraft der Ergebnisse schwächen. Verbesserungsvorschläge beinhalten differenzierte Genehmigungsverfahren, die eine direkte Klärung von Fragen zwischen den beteiligten Parteien ermöglichen.

Die Koordinierungskommission für tierexperimentelle Forschung an der Universität Münster, die 2013 gegründet wurde, spielt eine wichtige Rolle in der sachlichen Diskussion über Tierversuche. Die Anwendung alternativer Methoden, wie In-vitro-Studien und computergestützte Modelle, wird ebenfalls gefördert, um die Belastung von Tieren zu reduzieren. Diese alternativen Ansätze ermöglichen es, biologische Vorgänge virtuell zu analysieren und bieten somit eine wertvolle Gelegenheit, Tierversuche in der Forschung zu verringern.

Die Thematik der Tierversuche bleibt zwar umstritten, doch müssen sowohl die wissenschaftlichen als auch die ethischen Anforderungen in den Vordergrund gerückt werden. Verstöße gegen das Tierschutzgesetz haben rechtliche Konsequenzen, einschließlich Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen, was die Ernsthaftigkeit der gesetzlichen Regelungen unterstreicht. Die Universität Münster führt Tierversuche mit Mäusen, Ratten, Meerschweinchen und Zebrafischen durch, um wichtige Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung zu gewinnen.

Die anstehende Veröffentlichung der Studie von Richter et al. (2024) wird voraussichtlich neue Perspektiven zu Tierversuchen in der Verhaltensforschung bieten und könnte dazu beitragen, die Diskussion weiter voranzutreiben. Die Herausforderung liegt darin, die Balance zwischen notwendiger Forschung und dem Schutz von Tieren zu finden, während gleichzeitig wissenschaftliche Fortschritte erzielt werden können.

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Ort Münster, Deutschland
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