Belarus' mutige Philosophin Olga Shparaga: Frauen gegen das Regime!

Hagen, Deutschland - Dr. Olga Shparaga, eine belarusische politische Philosophin und Mitbegründerin des European College of Liberal Arts (ECLAB), ist seit Anfang 2023 als Gastwissenschaftlerin am Lehrgebiet Philosophie III der FernUniversität in Hagen tätig. Ihre Flucht aus Belarus im Jahr 2020, die sie über Litauen und Österreich nach Deutschland führte, wurde durch ihre aktive Teilnahme an politischen Protesten gegen die belarusische Regierung ausgelöst. Aufgrund ihres Aktivismus wurde sie für 15 Tage inhaftiert und floh, als eine erneute Inhaftierung drohte. Shparaga nutzt ihre Zeit in Hagen, um zu untersuchen, wie feministische Theorien und fürsorgliche Praktiken die demokratische Teilnahme stärken können.
Shparagas Engagement für die Rechte von Frauen ist sowohl persönlich als auch akademisch motiviert. Sie war maßgeblich an der Gründung der feministischen Gruppe des Koordinierungsrates beteiligt, der die Protestbewegung unter der Führung von Swetlana Tichanowskaja unterstützte. Außerdem ist ihr Buch „Die Revolution hat ein weibliches Gesicht“ eine tiefgehende Analyse der Rolle von Frauen in der Demokratiebewegung und der Herausforderungen, vor denen sie stehen.
Die Rolle der Frauen im politischen Aktivismus
Die Proteste in Belarus, die nach den gefälschten Präsidentschaftswahlen im August 2020 begannen, wurden von vielen Frauen getragen. Diese Frauen, die oft als „die drei Grazien“ bezeichnet wurden, mobilisierten sich spontan, um ihre Wut über die staatliche Gewalt und die Haftbedingungen zum Ausdruck zu bringen. Diese Proteste waren nicht nur ein Aufschrei gegen politische Repressionen, sondern auch eine Gelegenheit für Frauen, sich als zentrale Akteure in der belarusischen Revolution zu positionieren. Der Aktivismus von Frauen, der zuvor durch gesellschaftliche und staatliche Repression oft im Schatten der männlichen Opposition stand, erhielt durch die Ereignisse von 2020 eine neue Sichtbarkeit.
Der Aktivismus belarusischer Frauen begann bereits nach der Unabhängigkeit 1991, doch bis 2020 waren viele ihrer Organisationen und Initiativen kaum bekannt. Über 60 Organisationen setzten sich in den 2000er Jahren für Frauenrechte und Geschlechtergleichstellung ein. Vor dem Volk von 2020 wussten etwa 70% der Bevölkerung nicht, was „Genderungleichheit“ bedeutet. Trotz der Herausforderungen, die durch politische Repressionen und die COVID-19-Pandemie entstanden, engagierten sich über 50% der befragten Frauen nach August 2020 aktiv, um gegen die Brutalität der Regierung zu protestieren und um für Gerechtigkeit zu kämpfen.
Herausforderungen und Perspektiven
Die Herausforderungen für Frauen im politischen Aktivismus sind erheblich. Stress und Doppelbelastung durch Erwerbsarbeit, Hausarbeit und Engagement im Aktivismus sind weit verbreitet. Über 70% der Aktivistinnen bewerten ihr Stressniveau als hoch. Viele Frauen identifizieren ihre Arbeit nicht als Aktivismus, was die Sichtbarkeit ihrer Bemühungen zusätzlich einschränkt. Nach den Wahlen 2020 mussten viele Aktivistinnen ins Ausland flüchten, und die Migration von Aktivistinnen hat seither zugenommen. Rund 40% der aktivistischen Frauen lebten 2022 außerhalb von Belarus.
Shparagas Forschung in Hagen zielt darauf ab, diese Themen auch außerhalb des akademischen Kontexts bekannt zu machen. Ihre geplante Kooperation mit dem Lehrgebiet Public History von Felix Ackermann wird einen Raum für interdisziplinären Austausch und die Sichtbarmachung von Frauenrechten eröffnen. Die feministischen Fragestellungen und das Bestreben, die Stimmen der Frauen im belarusischen Widerstand zu stärken, sind zentrale Anliegen Shparagas, die sie in ihrem Seminar zur feministischen Perspektive auf das soziale Band im Wintersemester weiterverfolgen möchte.
Insgesamt verdeutlichen Shparagas Arbeiten die untrennbare Verbindung zwischen theoretischer Reflexion und praktischem Aktivismus. Ihr Engagement spiegelt die dynamische Rolle wider, die Frauen in der gesamtgesellschaftlichen Debatte und im politischen Aktivismus in Belarus einnehmen. Diese Entwicklung leistet einen bedeutenden Beitrag zu einer wachsenden feministischen Bewegung, die nicht nur in Belarus, sondern auch international Unterstützung findet.
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Ort | Hagen, Deutschland |
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