Kommissar Lucas wird künftig in Nürnberg bestimmen

Nürnberg. „Ein neuer Anfang“, sagt sich Ellen Lucas. „Außerhalb der Komfortzone“, fügt sie am Nürnberger Ausgang hinzu, ist es keine Frage des Alters, „es ist eine Frage des Mutes“. Und dann spricht diese Filmfigur anscheinend zu uns, dem Publikum: „Sie sehen richtig“, sagt Ulrike Kriener mit ihrer entzückenden rauchigen Stimme: „Sie sehen richtig, die alte ist die neue.“ Der alte ist der neue?
Jeder, der dies einer erfahrenen Frau Mitte 60 sagt, kann als unhöflich, taktlos und ungeschickt angesehen werden. Bei Ulrike Kriener hingegen muss man sich nicht mehr Sorgen machen als bei ihrer Hauptrolle, die nach Fernsehstandards bald erwachsen wird und doch seit langem tief im Leben verwurzelt ist. Am 1. März 2003 zog die robuste Schauspielerin Kriener in Form des robusten Kommissars Lucas von Köln nach Regensburg, um den ersten Fall zu lösen: Kindermord. Starkes Zeug. Das passt. Für beide.
„Burschikos und pragmatisch“
Seit das Bühnenwerk von Bottrop vor 36 Jahren in Doris Dörries Leinwandlegende „Men“ seinen Durchbruch feierte und die Leinwand schnell eroberte, hat Ulrike Kriener ein Vorbild erfüllt, das mehrere Emanzipationsbewegungen später altmodisch klang: stark, unabhängig, schneidig, leicht hartnäckiger Typ, aber niemals eine selbstgerechte Frau, die sich von niemandem erzählen lässt – besonders nicht von angeblichen Herren der Schöpfung.
Ob auf dem „Traumschiff“ nach Botswana oder dem NS-Dampfer „Gustloff“, in Niki Steins gefeiertem Schuldrama „The Conference“ im Jahr 2004 oder aus Schirachs umstrittenem Gerechtigkeitsexperiment „Feinde“ Anfang Januar: „Mein Charisma“, sagt Kriener war schon immer „knabenhaft und pragmatisch“. Genau diese Mischung, so glaubt sie, habe „eine wichtige Rolle für den Erfolg von Kommissar Lucas gespielt“. Die Tatsache, dass fast sechs Millionen Zuschauer zum 30. Ereignis im fernsehunfreundlichen Hochsommer anwesend waren, hat mehr Gründe als Ulrike Krieners entschlossenes Charisma. Es hat auch mit Themen, Timing, Authentizität zu tun.
„In meinem Privatleben bin ich wesentlich alberner, als Sie anhand dieser Zahl sehen können“, sagt Kriener am Telefon. Dennoch empfand das Publikum die „aggressive, furchtlose Geradlinigkeit als Autorität ihres Amtes und ihrer Persönlichkeit als kohärent“. Da sie sich in einem Rock im Allgemeinen unwohl fühlt, ist es besser, die überzeugten Hosenträger Lucas von ihr zu kaufen. Und das in Fällen, „die oft ihrer Zeit voraus sind“. Ende August zum Beispiel ging es um ausländische Arbeitskräfte in Schlachthöfen – lange bevor Tönnies ‚Ausbeutungssystem die Infektionsrate in die Höhe trieb.
Leiche im Kofferraum
Das mag ein Zufall sein, wie Kriener zugibt. Als sich jedoch nur Insider mit rechtsradikalen Strukturen und fehlender Munition in der Bundeswehr befassten, war Kommissar Lucas bereits in die Polizei involviert. Ihre 31. Mission (Samstag, 6. Februar, 20.15 Uhr im ZDF) ist konventioneller, nach 17 Jahren in Regensburg geht es viel darum, nach „Nürnberg“ zu ziehen, wo sie sich parallel zur Leiche im Kolleg an Kollegen wie Werner wendet Kofferraum eines Gegners bei dem Unfall Fitz (Sebastian Schwarz) und Betty Sedlacek (Claudia Kottal) müssen sich daran gewöhnen. Trotzdem glänzt die Titelheldin im neuen Tatort mit dem, was ihre Schauspielerin in dieser oberflächlichen Branche so einzigartig macht.
„Beruflich bin ich völlig unanständig.“ Intern und extern. „Du kannst mich so hässlich machen, wie es die Make-up-Bilder wollen.“ Kommissar Lucas ist jedoch ebenso weit von Hässlichkeit entfernt wie von einstelligen Quoten. Dennoch stellt sich kurz nach dem 66. Geburtstag die Frage nach der Rente. „Wir sind in Gesprächen darüber, wie wir mit dem Altern umgehen sollen.“ Ein Ende ist nicht geplant, aber absehbar. Und welches würde sie wollen? „Ich werde mich definitiv nicht aus dem Amt entlassen lassen“, sagt Ulrike Kriener und lacht. „Wir müssen uns ein schöneres Finish vorstellen.“ In der mittleren Frist.
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