Was ist mit ICQ?

Hannover. Mein erster Versuch, mich nach mehr als zehn Jahren bei ICQ zu registrieren, ist langsam. Erstaunlicherweise kenne ich meine neunstellige ICQ-Nummer immer noch auswendig – es ist eher das Passwort, das fehlschlägt. Zu diesem Zeitpunkt war offenbar keine E-Mail-Adresse mit dem Dienst verknüpft – daher ist es nicht möglich, das Passwort zurückzusetzen. Nach mehreren erfolglosen Versuchen und vielen Vermutungen funktioniert es endlich: Ich bin in einem guten alten ICQ. Wobei der Begriff „alt“ nicht korrekt ist. Die App, die in der Zeit vor dem Smartphone noch stationär auf dem Computer verwendet wurde, ist jetzt ein vollwertiger Smartphone-Messenger, der Whatsapp …
Hannover. Mein erster Versuch, mich nach mehr als zehn Jahren bei ICQ zu registrieren, ist langsam. Erstaunlicherweise kenne ich meine neunstellige ICQ-Nummer immer noch auswendig – es ist eher das Passwort, das fehlschlägt. Zu diesem Zeitpunkt war offenbar keine E-Mail-Adresse mit dem Dienst verknüpft – daher ist es nicht möglich, das Passwort zurückzusetzen. Nach mehreren erfolglosen Versuchen und vielen Vermutungen funktioniert es endlich: Ich bin in einem guten alten ICQ. Wobei der Begriff „alt“ nicht korrekt ist. Die App, die in der Zeit vor dem Smartphone noch stationär auf dem Computer verwendet wurde, ist jetzt ein vollwertiger Smartphone-Messenger, der Whatsapp … (Symbolbild/NAG)

Hannover. Mein erster Versuch, mich nach mehr als zehn Jahren bei ICQ zu registrieren, ist langsam. Erstaunlicherweise kenne ich meine neunstellige ICQ-Nummer immer noch auswendig – es ist eher das Passwort, das fehlschlägt. Zu diesem Zeitpunkt war offenbar keine E-Mail-Adresse mit dem Dienst verknüpft – daher ist es nicht möglich, das Passwort zurückzusetzen.

Nach mehreren erfolglosen Versuchen und vielen Vermutungen funktioniert es endlich: Ich bin in einem guten alten ICQ. Wobei der Begriff „alt“ nicht korrekt ist. Die App, die in der Zeit vor dem Smartphone noch stationär auf dem Computer verwendet wurde, ist jetzt ein vollwertiger Smartphone-Messenger, der Whatsapp und Co. in nichts nachsteht.

ICQ-Boom in Hongkong

Und das scheint sich herumgesprochen zu haben: In Hongkong beispielsweise ist laut einem Bericht im „Wall Street Journal“ die Anzahl der Downloads für den ICQ Messenger in letzter Zeit sprunghaft angestiegen. Diese haben sich im Januar auf das 35-fache erhöht, ICQ wird sogar in Schulen eingesetzt, berichtet die Zeitung. Die Benutzer des Boten sind hauptsächlich ehemalige Kinder der neunziger Jahre, die nun, Jahrzehnte später, zum einst beliebten Boten zurückkehren.

In den deutschen App-Charts spielt ICQ noch keine große Rolle. Die Zeit für ein Comeback könnte kaum besser sein: Messenger Whatsapp ist seit Wochen aufgrund neuer Datenschutzrichtlinien massiver Kritik ausgesetzt, Benutzer wechseln in Scharen zu alternativen Messenger-Diensten wie Telegramm, Signal oder Threema. Eigentlich der perfekte Zeitpunkt für ein ICQ-Comeback. Wäre der Messenger Dino wirklich eine Alternative? Ein Blick auf die App – und ihre Sicherheitsfunktionen.

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Wie sieht ICQ heute aus?

Wer sich heute bei ICQ anmeldet, tut dies normalerweise nicht mehr mit seiner neunstelligen Nummer, sondern mit seiner Handynummer. Unmittelbar nach der Installation der App wird der Benutzer aufgefordert, diese einzugeben und sein gesamtes Telefonbuch zu synchronisieren. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist dies mindestens so fragwürdig wie bei WhatsApp – aber es hat auch den Vorteil, dass Sie keine komplizierten ICQ-Nummern mehr austauschen müssen.

Kurz darauf gelangen Sie zum Hauptmenü des Messenger. Heute besteht es aus drei Kategorien: Ganz links im Menü finden Sie Video-Chats, rechts gelangen Sie zu den Text-Chats, die sich innerhalb von zehn Jahren anscheinend selbst zerstört haben. Alte Gespräche aus vergangenen Zeiten sind hier trotz alter Anmeldedaten nicht mehr zu finden.

Der Knopf in der Mitte ist offensichtlich neu. Es heißt „interessant“ und ist offensichtlich eine Sammlung öffentlicher Gruppen wie die von Telegram. Mir wird hier zum Beispiel der „Deutsche Chat“ mit mindestens 22.000 Mitgliedern vorgeschlagen, dem man laut Beschreibung beitreten kann, um neue Leute kennenzulernen.

Eine digitale Ruine

Es folgen andere Gruppen wie „Travel & Lost Places“, „Fantasy & Art“ oder „Music and Sayings for Reflection“. Die Benutzer in diesen Gruppen scheinen jedoch nicht besonders aktiv zu sein – die letzten Beiträge stammen häufig aus dem Oktober.

In russischsprachigen Gruppen scheint es viel mehr Aktivitäten zu geben, die mir auch auf der Homepage empfohlen werden. Es gibt zum Beispiel eine Nirvana-Fangruppe, in der nur Naturfotos gepostet werden. In der Gruppe „Best Pictures on Web“ wird alles zufällig gepostet, von Tierbildern bis zu erotischen Fotomodellen.

Inzwischen unterscheidet sich die Funktion von privaten Chats kaum von anderen Boten. Mit einem Unterschied: Hier plaudert niemand mehr. Meine Kontakte von damals sind alle noch da, aber sie haben alle genau die gleichen pixeligen Profilfotos von damals, irgendwann Ende der 2000er Jahre. Irgendwann hier bei ICQ stand die Zeit still, meine Kontaktliste von damals ist eine digitale Ruine.

„Ich kann dich nicht hören“

Dies wird auch deutlich, wenn Sie sich die zusätzlichen Informationen zu den Kontakten ansehen. Hier können Sie sehen, wann sie sich zuletzt angemeldet haben. Fast jeder sagt „vor langer Zeit“. Erst wenn ich mich mit dem Spitznamen „Benjamin“ in Verbindung setze, werde ich misstrauisch: Er hat sich anscheinend am 18. Dezember 2020 angemeldet. Ich spiele kurz mit der Idee, Benjamin zu schreiben, bis mir klar wird, dass ich nicht einmal weiß, wer er ist nicht mehr.

Ich frage mich, wie der Tod von ICQ überhaupt zustande gekommen ist. Warum haben wir Messenger überhaupt verlassen? Tatsache ist, dass ICQ in den Anfangsjahren des Social Web, dh zu Zeiten von StudiVZ und MySpace, noch eine ziemlich große Rolle spielte.

Sie unterhielten sich mehr über ICQ als über die gruselige „Chatbox“ bei StudiVZ. Nicht zuletzt, weil Sie neben vielen lustigen Emojis (insbesondere die in ICQ 5.1 waren legendär) auch die Möglichkeit hatten, bizarre Kreaturen über den Bildschirm der anderen Person zu jagen. Zum Beispiel die Katze, die über den Bildschirm kratzt, oder der kleine Mann, der ununterbrochen „Ich kann dich nicht hören“ sang. Teil der unausgesprochenen ICQ-Etikette war, dass diese Effekte nur rudimentär genutzt wurden. Nicht nur, weil sie furchtbar nervig waren, sondern auch, weil sie die Rechenleistung des Computers in die Knie gezwungen haben.

Benutzernummern fallen zusammen

ICQ wurde nur durch Facebook und einen eigenen Messenger ersetzt. Ich kann mich erinnern, dass es am Anfang sogar möglich war, ICQ- und Facebook-Chats in einem Messenger zu kombinieren. Da später sowieso niemand über ICQ sprach, wurde die Funktion im Laufe der Zeit unnötig. Einige Jahre später kamen Smartphones und WhatsApp hinzu, was den ICQ-Messenger überflüssig machte. Trotz ähnlicher Funktionen gelang es ICQ nie, den Status eines „SMS-Ersatzes“ zu erhalten, wie es Whatsapp seit langem durchgeführt hatte.

Etwa zur gleichen Zeit wechselte ICQ den Besitzer. Ursprünglich gehörte der Messenger dem amerikanischen Internetgiganten AOL, wurde aber im April 2010 an die russische Mail.Ru-Gruppe verkauft. Während Messenger Anfang der 2000er Jahre rund 100 Millionen Benutzer hatte, waren es zu diesem Zeitpunkt nur 42 Millionen. Bis 2013 war die Anzahl der Nutzer sogar auf 11 Millionen gesunken.

ICQ wurde nie eingestellt – im Gegenteil. Das russische Unternehmen bastelte immer wieder an neuen Funktionen, und seit 2010 sind auch Apps für iOS und Android verfügbar. Der letzte Relaunch fand im April 2020 statt, seitdem heißt ICQ „ICQ New“.

Wie sicher ist ICQ heute?

Die Frage muss noch geklärt werden, ob ICQ tatsächlich keine Alternative zu dem heute viel kritisierten Messenger WhatsApp sein könnte. Immerhin bietet der Messenger Dino jetzt alles, was Whatsapp und Co. können.

Leider ist es nicht so einfach. Denn wenn es um Sicherheit geht, hat sich der Bote an das Niveau der neunziger Jahre gehalten. Chats werden bei ICQ nicht verschlüsselt, berichtete „Golem“ letztes Jahr zu Beginn von „ICQ New“. Darauf wurde in den internationalen Geschäftsbedingungen sogar ausdrücklich hingewiesen, die Passage fehlte in der EU-Fassung. Tatsache ist: Was genau ICQ mit den Chats macht, ist völlig undurchsichtig. Dies macht den Messenger viel unsicherer als beispielsweise Whatsapp, das standardmäßig mit einer End-to-End-Verschlüsselung ausgestattet ist. Bei ICQ gilt dies offenbar nur für Sprach- und Videoanrufe.

Aber wenn Sie ICQ nur zum Spaß noch einmal ausprobieren möchten, können Sie hier definitiv ein gewisses Retro-Gefühl erleben. Die Katze und der Mann „Ich kann dich nicht hören“ scheinen heute nicht mehr zu existieren – aber die typischen Boten-Töne von damals sind alle noch da. Zum Beispiel das Merkmal Knallen, wenn ein Kontakt online geht. Und natürlich das legendäre „A-oh“, auch in zwei verschiedenen Versionen: mit und ohne Hall. Jetzt muss nur noch jemand schreiben.

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