Zahlreiche Verstöße gegen die Impfsequenz

Magdeburg. In mindestens neun Bundesländern wurden bereits Personen, die noch nicht an der Reihe waren, gegen das Koronavirus geimpft. Dies war das Ergebnis einer Untersuchung der Nachrichtenagentur dpa. Lokale Politiker, Geistliche sowie Feuerwehrleute und Polizisten kamen ins Spiel, obwohl sie nicht zur ersten Prioritätsgruppe gehören.
Die Reihenfolge der Impfungen ist in der Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums klar geregelt: Erstens sollten in Deutschland Menschen über 80 sowie Frauen und Männer geimpft werden, die durch ihre Arbeit in Krankenhäusern und Arztpraxen ein besonders hohes Infektionsrisiko haben , Pflegeeinrichtungen oder Impfzentren.
Sie gehören zu der Gruppe mit der höchsten Priorität. Die Verordnung gibt Polizeibeamten nur eine hohe Priorität, Bezirksverwalter werden nicht separat aufgeführt.
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Corona-Impfung: Spahn bietet Optionen für Impfstoffe an
Bisher wurden in der EU drei Impfstoffe zugelassen – Impfstoffe von zwei anderen Unternehmen könnten in den nächsten Monaten hinzugefügt werden. © dpa
Der Grund für die frühen Impfungen in den meisten Fällen: Am Ende des Tages blieben Impfstoffdosen übrig, die man nicht verschwenden wollte. Der Impfstoff muss vor der Impfung zuerst hergestellt und verdünnt werden und kann dann nur einige Stunden aufbewahrt werden. Wenn Personen ihren Impftermin absagen, können am Ende des Tages Impfdosen übrig bleiben. Wie damit umgegangen werden soll, ist nicht geregelt.
In Halle in Sachsen-Anhalt wurde laut Bürgermeister Bernd Wiegand (Nichtpartei) zunächst versucht, diese Dosen an andere Mitglieder der ersten Prioritätsstufe weiterzugeben. Wenn dies nicht erreicht wurde, identifizierte ein „Zufallsgenerator“ Nachfolger, darunter ihn und zehn Stadträte. Der Bezirksverwalter des Bezirks Wittenberg hat sich ebenso wie sein Stellvertreter impfen lassen.
Mehrere Fälle in NRW
Der Bezirksverwalter des Saalekreis, Hartmut Handschak (unabhängig), ließ sich im Dezember selbst impfen. Der 59-Jährige begründete sich in der „Mitteldeutschen Zeitung“ damit, dass er zu einer Konsultation in einer Klinik gewesen sei und deren Mitarbeiter geimpft habe. Dies hinterließ eine Dosis, für die es weder Mitarbeiter gab, die zur Impfung bereit waren, noch geeignete Patienten.
In Nordrhein-Westfalen waren bereits im Januar mehrere Fälle von Kommunalpolitikern bekannt geworden, die viel früher als geplant geimpft wurden. Unter anderem ließ sich der 31-jährige Bürgermeister von Hennef, Mario Dahm (SPD), mit einer Restdosis impfen. Auch der Bürgermeister von Wachtberg, Jörg Schmidt (CDU), wurde bereits geimpft. Auch der ehemalige Bürgermeister von Hennef, Klaus Pipke, wurde bereits geimpft.
Auch in Bayern wurden mehrere Kommunalpolitiker vorzeitig geimpft. Sowohl der Bezirksverwalter des Bezirks Donau-Ries als auch der Bürgermeister der Kreisstadt Donauwörth erhielten im Januar eine Impfung gegen übrig gebliebene Dosen. Beide Politiker erklärten, dass sie heute anders entscheiden würden.
Augsburger Bischof vorzeitig geimpft
Auch der Augsburger Bischof Bertram Meier und sein Generalvikar Harald Heinrich nahmen das Impfangebot an. Die Diözese begründete dies damit, dass beide als Pastoren in Altenheimen arbeiteten und daher als Mitarbeiter wie Altenpfleger eingestuft werden sollten.
In Niedersachsen ließen sich der Bezirksverwalter von Peine und sein Stellvertreter impfen – beide haben sich inzwischen entschuldigt. Das Krisenteam wies die Impfzentren an, die verbleibenden Dosen zu verwenden, was normalerweise befolgt wird. Das wird aber nicht kontrolliert. „Wir werden keinen Polizisten oder Notar neben jede Impfstraße stellen“, sagte der Leiter des Krisenteams, Heiger Scholz.
Nach einem Bericht der „Lausitzer Rundschau“ wurden der Bürgermeister von Cottbus, Holger Kelch, und der Regulierungsbeauftragte Thomas Bergner (beide CDU) geimpft, obwohl sie nicht auf der Prioritätenliste standen. Kelch sei von einem mobilen Impfungsteam in einem Pflegeheim geimpft worden, in dem er anwesend war, sagte Stadtsprecher Jan Gloßmann. Dort unterstützte er ältere Menschen. Ihm zufolge sollte der Impfstoff kurze Zeit später zerstört worden sein.
Vorzeitige Impfungen bei der Feuerwehr in Rheinland-Pfalz
Aber die Politiker wurden nicht überall vorzeitig geimpft. In Koblenz in Rheinland-Pfalz verwendete die Feuerwehr, die das dortige Impfzentrum betreibt, die Impfstoffrückstände für ihre eigenen Mitarbeiter. Fast die Hälfte der 127 Geimpften gehörte nicht zur ersten Prioritätsgruppe, teilte die Stadt mit.
Bis Ende Januar hatte Hamburg bereits 102 Feuerwehrleute und zwei Polizisten geimpft. In der Hansestadt wurden bereits Mitarbeiter des Krisenteams und der Gesundheitsbehörde geimpft, darunter auch der Staatsrat für soziale Angelegenheiten. Im Rahmen eines Feldtests wurden im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt 330 Polizisten geimpft, obwohl sie zur zweitrangigen Gruppe gehören.
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Wie wird ein Impfstoff hergestellt?
Die Forschung an einem Impfstoff gegen Covid-19 ist unerbittlich. Der erste Kandidat befand sich innerhalb eines Jahres in der Zulassungsphase.
Fast 400 sächsische Polizeibeamte erhielten früher als erlaubt eine Impfung. Dort wurden auch übrig gebliebene Dosen verwendet. In Mecklenburg-Vorpommern sind bisher keine Verstöße bekannt.
Baden-Württemberg: Keine Verstöße bekannt
Beispiele aus Baden-Württemberg zeigen, dass Sie die Anforderungen der Bundesverordnung auch bei übrig gebliebenen Impfdosen einhalten können. Auch nach Angaben des Sozialministeriums sind dort keine Verstöße gegen die Reihenfolge bekannt.
Die verbleibenden Impfstoffdosen würden an die Rettungsdienste und das Impfpersonal gehen, und einige Impfzentren haben auch Listen von Kurzzeitkandidaten in der ersten Prioritätsgruppe erstellt, sagte ein Sprecher. In Ulm hingegen werden nur 90 Prozent der geplanten Dosen vorbereitet. Der Rest wird dann nur auf Bestellung angefertigt.
Nach Angaben der Landesregierung haben die Impfzentren in Schleswig-Holstein auch Wartelisten mit Impfberechtigten. In Berlin gehen die restlichen Impfstoffdosen an die Impfungsteams – laut Senat könnten dies auch Polizisten sein.
Impfrückstände in Bremen für Rettungskräfte
In Bremen suchen derzeit Rettungskräfte nach Impfstoffrückständen. Presseberichten von Ende Januar zufolge gab es dort Probleme in der Belegschaft eines großen Bremer Krankenhauses. Dort wurden Mitglieder der Geschäftsleitung geimpft, obwohl keineswegs alle gefährdeten Ärzte und Krankenschwestern geschützt sind. Die Klinik begründete dies damit, dass die Führung im Notfall handlungsfähig bleiben muss.
In einer Klinik in Bad Wildungen, Nordhessen (Landkreis Waldeck-Frankenberg) sollen zwei leitende Angestellte vorzeitig gegen das Koronavirus geimpft worden sein. Die thüringische Landesregierung prüft derzeit mögliche Verstöße in zwei Pflegeeinrichtungen.
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