Revolution im Labor: Forscher der CAU entwickeln intelligentes Gewebe!

Kiel, Deutschland - Ein internationales Forschungsteam hat ein neuartiges synthetisches Gewebe entwickelt, das sowohl stabil als auch fluide ist. Die Studie, die am 27. Februar 2025 in Nature Communications veröffentlicht wurde, steht unter der Federführung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Das synthetische Gewebe besteht aus mehreren Millionen synthetischen Zellen, deren Grundbaustein Wassertröpfchen sind, welche von einer Doppelschicht aus Lipiden umgeben sind. Diese Konstruktion ähnelt der natürlichen Zellmembran, die jedoch komplexer ist und spezifische Proteine enthält, die den Transport bestimmter Moleküle ermöglichen.

Die Forscher haben rudimentäre Zellverbünde erzeugt, die hinsichtlich vieler Eigenschaften lebenden biologischen Geweben ähneln. Die synthetischen Zellen, die eine Größe von etwa 30 Tausendstel Millimeter erreichen, zeigen mechanische Eigenschaften, die lebenden Zellen nachempfunden sind. Dabei üben molekulare Motoren Kräfte auf die Membran aus, die experimentell nachempfunden werden, indem die Bewegungen des Flagellums schwimmender Bakterien genutzt werden. Diese Bakterien sind auch in der Lage, Zellen innerhalb des Verbunds an andere Positionen zu bewegen.

Forschungspotenzial und künftige Anwendungen

Das neuartige synthetische Gewebe könnte weitreichende Anwendungsmöglichkeiten haben. Es bietet sich als Modell zur Untersuchung natürlicher Zellnetzwerke an und könnte eine wichtige Rolle bei der Integration von Proteinen in die Membranen spielen, um elektrische Potenziale zu erzeugen. Zukünftige Anwendungen sind denkbar im Bereich medizinischer Implantate, die mit derartigen künstlichen Geweben überzogen werden, um eine verbesserte Einheilung zu ermöglichen. Eine weitere spannende Perspektive sind neuronale Implantate, die in der Lage wären, defektes Nervengewebe zu ersetzen.

Die Beschaffenheit und Struktur von biomembranen ist seit langem Gegenstand intensiver Forschung. Historische Studien, wie die von William Hewson, der zwischen 1760 und 1770 menschliches Blut und Erythrozyten untersuchte, legten den Grundstein für das Verständnis der Lipiddoppelschicht. Evert Gorter und sein Assistent F. Grendel veröffentlichten 1925 das Lipid-Bilayer-Modell, welches die wesentlichen Eigenschaften der biomolekularen Strukturen beschreibt. Biomembranen sind demnach komplexe und dynamische Systeme, während synthetische Lipiddoppelschichten eine definierte Auswahl von Lipiden enthalten, die gezielt für spezielle Anwendungen entwickelt wurden.

Vergleich von biomolekularen Strukturen

Während Biomembranen aktive Funktionen wie Transport, Signalübertragung und Zellkommunikation erfüllen, sind synthetische Doppelschichten eher auf spezielle Anwendungen wie Drug Delivery ausgelegt. Ihre Stabilität und begrenzte Anpassungsfähigkeit machen sie weniger dynamisch als ihre natürlichen Pendants. Biomembranen, die durch natürliche Selbstorganisation in wässriger Umgebung entstehen, interagieren aktiv mit ihrer Umwelt. Diese Interaktionen sind entscheidend für die Aufrechterhaltung von Lebensprozessen und zeigen, warum biomembranäre Strukturen als hochkomplexe Systeme gelten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Fortschritte in der Forschung um synthetisches Gewebe vielversprechende Perspektiven für die Medizin und biotechnologische Anwendungen eröffnen. Das Verständnis der Unterschiede zwischen biomembranen und synthetischen Systemen wird entscheidend sein, um die Potenziale dieser neuen Technologien voll auszuschöpfen und die Grenzen zwischen biologischen und künstlichen Geweben zu überwinden.

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Ort Kiel, Deutschland
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