Nachbarschaftlicher Streit: Bäume und ein Kasseler wehrt sich
Im malerischen Stadtteil Wehlheiden, Kassel, kämpft der 83-jährige Rainer Hamenstädt seit langer Zeit gegen eine Situation, die ihn zunehmend belastet. Eine große Eberesche, die ursprünglich im Garten seiner Nachbarn, den Vereinigten Wohnstätten, steht, breitet ihre Äste über sein Grundstück aus und verursacht nicht nur ästhetische, sondern auch praktische Probleme. Dies betrifft sowohl die Instandhaltung seiner Garage als auch potenzielle Schäden, die durch herabfallendes Laub und Äste entstehen können.
Der alte Herr Hamenstädt, der bis vor Kurzem noch selbstständig auf das Dach seiner Garage stieg, sah sich regelmäßig gezwungen, das Dach von einem wuchernden Baumlaub zu befreien. Die Gefahr von verstopften Abflüssen war besonders im Herbst nicht zu unterschätzen. Ein besonders gefährlicher Vorfall ereignete sich während eines Unwetters im Juni 2023, als mehrere größere Äste herabfielen und zu kleineren Schäden führten. Auch die Gesundheit seines Mauerwerks ist durch die Wurzeln einer weiteren Eberesche bedroht, die Risse in der Fassade der Garage verursacht hat.
Rechtliche Hürden und Nachbarschaftskonflikte
Nach mehreren Versuchen, das Problem direkt mit seinen Nachbarn zu klären, wandte sich Hamenstädt an die Gerichte, um seine Rechte durchzusetzen. Seine Forderung, die überhängenden Äste zu kürzen, stieß jedoch auf Widerstand. Die Vereinigten Wohnstätten waren nur bereit, kleinere Äste zu entfernen, was Hamenstädt nicht ausreichte. Der Rechtsweg, den er einleitete, wurde ihm letztlich von den Gerichten als nicht erfolgversprechend nahegelegt, da ihm hohe Kosten für Gutachten in Höhe von fünfstelligen Beträgen drohten. Das Gefühl der Machtlosigkeit, das er empfand, lässt ihn von einer „Enteignung“ sprechen.
Hierbei spielt das Abwägen zwischen der Kasseler Baumschutzsatzung und den Rechten des Eigentümers eine entscheidende Rolle. Nach Hamenstädts Ansicht stellt ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) fest, dass er berechtigt ist, überragende Äste selbst zu entfernen, solange er dabei das Absterben der Bäume nicht riskiert.
Die Baumschutzsatzung im Fokus
Die Nachbarn, die Vereinigten Wohnstätten, berufen sich hingegen auf die Kasseler Baumschutzsatzung, die Hamenstädt davon abhält, eigenmächtig Hand anzulegen. Gemäß dieser Satzung müssen alle Fällungen und Pflegeschnitte bei der Stadt Kassel beantragt werden. Ein Verstoß gegen diese Regelung könnte Hamenstädt unter Umständen nicht nur teuer zu stehen kommen, sondern könnte auch eine Strafe von bis zu 100.000 Euro nach sich ziehen.
Der Kasseler Rechtsanwalt Jürgen Eichel, der sich auf Immobilien- und Nachbarrecht spezialisiert hat, erklärte, dass in der Regel städtische Baumschutzsatzungen vorrangig gegenüber nachbarrechtlichen Ansprüchen zu betrachten sind. Dies bedeutet, dass auch rechtliche Ansprüche von Nachbarn zum Schutz des Eigentums durch solche Satzungen eingeschränkt werden können.
Während Hamenstädt weiter auf eine Lösung seines Problems hofft, haben die Vereinigten Wohnstätten auf eine Stellungnahme zu der Angelegenheit verzichtet. Für alle, die sich in ähnlichen Situationen befinden, rät Hamenstädt, sich zuerst an das Schiedsamt zu wenden, bevor man rechtliche Schritte unternimmt. Es bleibt abzuwarten, ob Hamenstädt irgendwann eine einvernehmliche oder rechtlich abgesicherte Lösung findet, die es ihm ermöglicht, die Herrschaft über sein eigenes Grundstück zurückzugewinnen.