Hagelschäden am Bodensee: Winzer bangen um ihre Ernte 2024
Die Weinregion am bayerischen Bodensee steht vor herausfordernden Zeiten. Ein heftiger Hagelschauer hat im Juni massive Schäden in Weingärten in Nonnenhorn, Wasserburg und Hattnau verursacht. Die Winzer müssen mit einer deutlich reduzierten Ernte rechnen, doch einige von ihnen zeigen sich optimistisch, dass trotzdem ein bayerischer Bodenseewein im Jahr 2024 auf die Flasche kommen wird.
Die Wetterbedingungen in diesem Jahr waren alles andere als ideal. Clemens Hendriks, ein Winzer aus Nonnenhorn, berichtet von einem wechselhaften Frühjahr, in dem viel Regen fiel. Zu viel Feuchtigkeit begünstigt Pilzerkrankungen wie den Mehltau, der sich auf den Blättern niederlässt und zusätzliche Arbeit verursacht. Die Trauben blühten nicht in der gewünschten Qualität, was die Ernte noch weiter belastet.
Geschehnisse im Juni
Die verheerenden Hagelunwetter trafen die Weinernte mit voller Wucht. Hendriks schätzt, dass die Schäden in seinem Weingut zwischen 70 und 80 Prozent liegen könnten. Er gibt jedoch zuversichtlich zu erkennen, dass es auch in diesem Jahr Wein geben wird. „Wir kämpfen um das, was noch dran hängt“, äußert Sebastian Schmidt, ein weiterer Winzer aus Wasserburg. Schmidt ist realistisch und versichert, dass ihre Erzeugnisse möglicherweise nicht vollständig verloren sind, solange der Hagel nicht noch weitere Schäden anrichtet.
Die jungen Trauben wurden von den Hagelkörnern vollständig getroffen, aber die gegenwärtig trockene Witterung hat einige positive Effekte: Die geschädigten Beeren können abtrocknen, anstatt zu faulen. Dies könnte dazu beitragen, dass die verbliebenen Trauben für eine akzeptable Weinproduktion ausreichen.
Die Ernte in Gefahr
Das größte Weingut in Hattnau hat ebenfalls erhebliche Schäden erlitten, wobei die genauen Ausmaße erst bei der Ernte sichtbar werden. Simon Hornstein, Winzer in Nonnenhorn, bezeichnet die Situation als ohne Vergleich. Er schätzt, dass 50 bis 70 Prozent des Ertrages von den Witterungsbedingungen betroffen sein könnten. Seine Weingärten sind über ganz Nonnenhorn verteilt, einige davon wurden stärker beschädigt als andere, mit Verlusten von bis zu 90 Prozent.
Trotz der widrigen Umstände gibt es Hoffnung. Hornstein und Hendriks sind sich einig, dass trotz der signifikanten Einbußen die Qualität des Weins nicht notwendigerweise beeinträchtigt wird. „Wenn die Bedingungen jetzt stimmen, können wir immer noch auf einen guten Jahrgang hoffen“, erläutert Hendriks. Seine Kollege Jonas Kurek glaubt ebenfalls, dass die weniger beschädigten Trauben dem Wein Gehalt verleihen können, während gleichzeitig die Überlebenden ihre gesamte Kraft auf die verbliebenen Beeren konzentrieren.
Die Winzer müssen jedoch auch über die finanziellen Aspekte nachdenken. Der Einsatz von Hagelschutznetzen ist für viele ein wichtiger Schritt. Kurek hat ein Drittel seiner Flächen so gesichert, um sich vor weiteren Verlusten zu schützen. Dennoch kostet der Schutz beträchtliches Geld – etwa 22.000 Euro pro Hektar.
Das Zusammenspiel von Natur und Landwirtschaft erfordert von Winzern oft kreative Lösungen und ein gewisses Maß an Resilienz. Wie viele Landwirte sind auch diese Winzer es gewohnt, sich an die Launen der Natur anzupassen und aus jedem Jahr das Beste zu machen. „Letztes Jahr hatten wir ein gutes Jahr, dieses Jahr ist es schwieriger“, blickt Schmidt optimistisch in die Zukunft.
Die Winzer am bayerischen Bodensee stehen nicht allein mit den Herausforderungen, die das Wetter mit sich bringt. Die Auswirkungen von Naturereignissen auf die Agrarwirtschaft sind weltweit zu beobachten. Beispielsweise hat der Klimawandel auch im Weinbau in anderen Regionen, wie etwa Kalifornien oder Australien, bereits zu extremen Wetterschwankungen geführt. Dort mussten Winzer lernen, mit Dürreperioden und überraschenden Hagelschlägen umzugehen, was sich auf die Anbaumethoden und die Weinqualität auswirkt. Diese Herausforderungen verdeutlichen die Notwendigkeit für eine Anpassung der Anbaumethoden und den Einsatz innovativer Technologien.
Geschichte und Tradition sind für die Winzer des Bodensees von großer Bedeutung. Die Weinbaugeschichte der Region reicht bis ins 11. Jahrhundert zurück. Historische Aufzeichnungen zeigen, dass Wein bereits im Mittelalter eine wichtige Rolle in der lokalen Landwirtschaft spielte. Im Lauf der Jahrhunderte wurden spezifische Rebsorten kultiviert, die optimal an die klimatischen Bedingungen und die Böden der Region angepasst sind. Diese Tradition ist heute ein Teil der Identität der Winzer und das Bemühen um Qualität ist nach wie vor ein zentrales Anliegen für die Erzeuger am Bodensee. Dies gilt besonders in schwierigen Jahren, wo die Erfahrung und das Wissen der Winzer entscheidend sind, um mit Widrigkeiten umzugehen und dennoch qualitativ hochwertige Weine zu produzieren.
Verlust und Ertrag im Weinbau
Die aktuellen Schäden in den Weinbergen am Bodensee sind erschreckend. Statistiken zeigen, dass extreme Wetterereignisse wie Hagel und Stürme in den letzten Jahren signifikant zugenommen haben. Daten der Deutschen Wetterdienst (DWD) belegen, dass die Anzahl der Hagelstunden in bestimmten Regionen Deutschlands über die letzten Jahrzehnte angestiegen ist. Diese Entwicklung hat direct Einfluss auf die Ernteerträge. Laut dem Bauernverband lag der gesamtdeutsche Weinertrag im Jahr 2021 bei etwa 8 Millionen Hektolitern, aber Unwetterereignisse könnten diesen Wert erheblich beeinträchtigen, was direkte ökonomische Folgen für die Winzer hat.
Trotz der Herausforderungen zeigt sich die Gemeinschaft der Bodenseewinzer resilient. Arbeitskräfte und Techniken im Weinbau haben sich im Laufe der Jahre modernisiert. Viele Winzer setzen auf Nachhaltigkeit und versuchen, durch den Einsatz von Techniken wie integrierte Pflanzenproduktion die Risiken von Ernteausfällen durch Wetterextreme zu minimieren. So wird ein Teil der Anbauflächen mit biologischen Methoden bewirtschaftet, was langfristig den Boden und die Erzeugnisse der Weinberge gesund halten soll.