Das geheime Dönitz-Testament: Ein Rätsel aus der deutschen Geschichte

Entdecken Sie die Hintergründe von Karl Dönitz' „Politischem Testament“ und dessen unerwartete Wirkung im Bonn der 1980er Jahre. Warum blieb Helmut Schmidt gelassen angesichts seiner brisanten Inhalte?
Entdecken Sie die Hintergründe von Karl Dönitz' „Politischem Testament“ und dessen unerwartete Wirkung im Bonn der 1980er Jahre. Warum blieb Helmut Schmidt gelassen angesichts seiner brisanten Inhalte?

Hitler-Nachfolger: Als der „Letzte Wille“ von Karl Dönitz Bonn verunsicherte

Am 30. Jahrestag des Kriegsendes verfasste der ehemalige Großadmiral Karl Dönitz ein „Politisches Testament“, das Mitte Januar 1981 im Bundeskanzleramt für Aufregung sorgte. Helmut Schmidt, der damalige Bundeskanzler, zeigte sich jedoch unbeeindruckt und erklärte, das Dokument besitze keine „aktuelle Bedeutung“. Der Brief war in der Regierungszentrale umstritten und wurde lediglich von Hand zu Hand weitergereicht, was die Sensibilität des Themas unterstrich.

Das Dokument, datiert auf den 8. Mai 1975, wurde von Manfred Lahnstein, dem damaligen Chef des Bundeskanzleramtes, als brisant eingeschätzt. Trotz dieser Bedenken lehnte Schmidt es ab, das Schreiben in seinen Tresor zu legen, was auf eine Einschätzung hinweist, dass er die politischen Implikationen als geringfügig ansah. Diese Haltung war jedoch nicht diejenige seiner Mitarbeiter, die das Dokument mehrere Monate unter Verschluss hielten, bevor es schließlich in die Registratur einging.

Obwohl Dönitz sich auf die Anerkennung seiner Rolle als Staatsoberhaupt berief, war diese Anspruchsgrundlage rechtswidrig. Der ehemalige Admiral glaubte fälschlicherweise, von den Alliierten anerkannt worden zu sein, was eine grobe Fehleinschätzung darstellt. Tatsächlich war die internationale Haltung zu Dönitz widersprüchlich, und britische Regierungsvertreter äußerten bereits kurz nach dem Krieg Desinteresse an seiner Person. Diese Fehleinschätzung führte dazu, dass Dönitz‘ Testament alle weiteren Aussagen über die politische Lage in Deutschland ins Absurde führte.

Darüber hinaus ignorierte Dönitz die Tatsachen des Potsdamer Abkommens, das die Alliierten als die legitimen Verwalter Deutschlands bestätigte. Seine Behauptung, als „letztes Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches“ zu handeln, widersprach der Realität, dass es nach der Kapitulation der Wehrmacht keinen deutschen Staat mehr gab. Stattdessen hatte die Wehrmacht am 7. Mai 1945 bedingungslos kapituliert, was die rechtlichen und politischen Bedingungen für die Nachkriegsordnung geschaffen hatte.

Die Analyse und die Reaktionen auf Dönitz‘ Schreiben verdeutlichen, wie komplex und vielschichtig die politische Nachkriegszeit in Deutschland war. Das Dokument wurde erst 2005 der breiten Öffentlichkeit bekannt, woraufhin das Bundesarchiv 2015 den Text veröffentlicht hat. Es spiegelt die ambivalenten Erinnerungen an die NS-Zeit und die Auseinandersetzungen um die Verflechtungen der Nachkriegsführung wider. Dönitz selbst, der mit radikalisierenden Einflüssen konfrontiert war, nahm sein testamentarisches Schreiben nicht ernst und betrachtete sich nicht als „Reichspräsident“, was die Unsicherheit und die Verdrängung Überbleibsel der NS-Zeit widerspiegelt.

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