Ausstellung in Wittenberg: Auseinandersetzung mit christlicher Judenfeindschaft

Die Wittenberger Stadtkirche und die Auseinandersetzung mit Antisemitismus

Im Herzen von Wittenberg, einer Stadt mit tiefen historischen Wurzeln, eröffnet die Stadtkirchengemeinde eine Ausstellung, die das Thema Antisemitismus in den Mittelpunkt rückt. Ziel der Initiative ist es, das Bewusstsein für die christliche Judenfeindschaft zu schärfen und einen Raum für kritische Auseinandersetzung zu schaffen.

Ausstellung zur christlichen Judenfeindschaft

Die Ausstellung mit dem Titel „Von christlicher Judenfeindschaft“ wird vom 31. August bis zum 31. September in der Stadtkirche St. Marien präsentiert und besteht aus 29 Tafeln, die verschiedene Motive des Antisemitismus illustrieren. Ihre Eröffnung fand unter der Leitung namhafter Persönlichkeiten wie Felix Klein, dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, und Sachsen-Anhalts Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) statt.

Historischer Kontext und Relevanz

Die Hintergründe der Ausstellung sind geprägt von einer antisemitischen Legende, die besagt, ein Jude habe eine Hostie geschändet, eine Erzählung, die eng mit der Gründungsgeschichte des Klosters Heiligengrabe verknüpft ist. Durch die Ausstellung möchten die Verantwortlichen auf die wiederkehrenden Themen und Erzählungen des christlichen Judenhasses hinweisen, die in der Geschichte der Kirche verwurzelt sind.

Die Rolle der „Judensau“ in der Diskussion

Ein zentraler Aspekt dieser Auseinandersetzung ist die umstrittene Darstellung der „Judensau“ an der Außenmauer der Stadtkirche. Während der Gemeindekirchenrat beschlossen hat, dass diese Darstellung vorerst bleiben soll, gibt es wiederholte Forderungen, sie zu entfernen. Cornelia Winkelmann, ein Mitglied des Kirchenrates, erklärte, dass stattdessen eine „Stätte der Mahnung“ etabliert werden solle. Diese soll die dunkle Geschichte an diesem Ort thematisieren und zur Reflexion anregen.

Verschiedene Ansätze zur Kunstaktion

Zusammen mit der Diskussion um die Darstellung gibt es auch kreative Ansätze: Zwei Studentinnen der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle haben vorgeschlagen, das Relief temporär in eine Kunstaktion zu integrieren und sichtbar zu verhüllen. Die Gemeinde zeigt sich grundsätzlich offen für solche Projekte, wobei der Fokus auf einem respektvollen Umgang mit dem Thema liegt.

Verantwortung und gesellschaftliche Haltung

Hanna Kasparick, ehemalige Direktorin des Wittenberger Predigerseminars, betont die Bedeutung der Beibehaltung der „Judensau“-Darstellung. Ihr zufolge sei es entscheidend, Verantwortung zu übernehmen und nicht vor der Geschichte zu fliehen. Sie sieht die Ausstellung als Plattform, um Haltung zu zeigen und die schwierigen Themen, die den christlichen Glauben in Bezug auf die Judenheit betreffen, offen zu behandeln.

Fazit: Ein Schritt in die richtige Richtung

Mit der Ausstellung und der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit unternimmt die Wittenberger Stadtkirche einen bedeutenden Schritt in Richtung einer bewussteren und kritischeren Beschäftigung mit Antisemitismus. Der bevorstehende „Israelsonntag“, der das Verhältnis zwischen Christen und Juden thematisiert, bietet den perfekten Rahmen, um diese wichtigen Gespräche zu führen und die Verbindung zwischen Geschichte und Gegenwart sichtbar zu machen.

NAG