Niedersachsen: Staatsanwaltschaften in Alarmstufe Rot – 72.000 Fälle warten!

Niedersachsen: Staatsanwaltschaften in Alarmstufe Rot – 72.000 Fälle warten!
Die überlasteten Staatsanwaltschaften in Niedersachsen stehen erneut im Fokus der öffentlichen Diskussion. Rund 72.000 Verfahren liegen zurzeit unbearbeitet auf den Schreibtischen der Staatsanwälte. Arndt Sinn, ein Strafrechtsprofessor von der Universität Osnabrück, sieht in dieser Situation ein alarmierendes Signal: Die Abgabe von über 1.200 Ermittlungsakten durch die Staatsanwaltschaft Verden an andere Ämter verdeutlicht die drängenden Probleme, die durch Personalmangel und erhöhte Komplexität der Fälle verursacht werden. Sinn betont, dass die Rechte der Beschuldigten auf eine zügige Verfahrensbearbeitung beeinträchtigt sind. Der Zugriff auf eine faire und schnelle Justiz gehört zu den Grundpfeilern des Rechtsstaates, und dieser ist in Gefahr, wenn Verfahren nicht rechtzeitig bearbeitet werden. Laut dem NDR ist die Abgabe der Fälle als eine Solidaritätsaktion des Niedersächsischen Justizministeriums deklariert worden.
Die Personalnot ist jedoch nicht das einzige Problem, mit dem die Staatsanwaltschaften konfrontiert sind. Der Anstieg in der Zahl neuer Verfahren ist unübersehbar. Während im Jahr 2017 noch 483.811 Verfahren gegen bekannte Täter erhoben wurden, sind es 2023 bereits 567.238. Dies zeigt sich deutlich in den Statistiken der Generalstaatsanwaltschaft Oldenburg, die im selben Zeitraum von 145.089 auf 162.651 Neuzugänge gestiegen ist. Hinzu kommt, dass die Ermittlungen gegen unbekannte Täter ebenfalls zugenommen haben – von 280.753 (2017) auf 316.623 (2023), wie der nwzonline berichtet.
Die Herausforderungen der Justiz
Die Alarmsignale der Staatsanwaltschaften können nicht ignoriert werden. Der Vorsitzende des niedersächsischen Richterbundes, Frank Bornemann, warnt vor einem drohenden Stau, der auch die Gerichte tangieren wird. Ende 2024 lag die Zahl unbearbeiteter Verfahren in Niedersachsen bei 76.111, ein Anstieg von über 3% im Vergleich zum Vorjahr. Im Vergleich zu Ende 2021 stieg die Zahl der unerledigten Fälle bereits um 23%. Das niedersächsische Justizministerium hat zwar in den letzten Jahren 55 neue Stellen geschaffen und zusätzlich Personal aus anderen Bereichen organisiert, doch der Bedarf ist nach wie vor enorm hoch. Nur 114 neue Kräfte sind nach 2023 hinzugekommen – viel zu wenig angesichts der hohen Belastung, die die Staatsanwaltschaften spüren.
Insbesondere in Städten wie Göttingen, Hannover, Stade, Verden, Oldenburg und Osnabrück ist die Belastung stark spürbar. Göttingen hat eine zentrale Stelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität, während in Hannover Verfahren zu gewaltdarstellenden Schriften und Kinderpornografie bearbeitet werden. Der Anstieg der Verfahren in diesen Bereichen ist eine Herausforderung, die nicht ignoriert werden darf, wie der [dieniedersachsen](https://www.dien Niedersachsen.de/justiz/zahl-unerledigter-faelle-bei-staatsanwaltschaften-waechst-2998340) aufzeigt.
Perspektiven für die Zukunft
Was sind die Lösungen für diese Probleme? Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) hat bereits angekündigt, dass ab 2025 eine personelle Stärkung der Justiz erfolgen soll. Für 2023 wurden 117 zusätzliche Stellen bei Richtern und Staatsanwälten als notwendig erachtet. Doch bislang ist die Umsetzung schleppend und es bleibt fraglich, ob die Ressourcen ausreichen werden, um die angespannte Situation zu entschärfen. Ein „Attraktivitätsprogramm“ für Juristen aus der Privatwirtschaft wurde von Sinn ins Spiel gebracht, um die Arbeitsbedingungen in der Justiz zu verbessern. Denn es steht fest, dass der Mangel an Staatsanwälten nicht nur in der Anzahl der Stellen, sondern auch in der Attraktivität des Berufs liegt.
In der Diskussion um die Personalsituation in Niedersachsens Justiz wird deutlich, dass es Zeit zum Handeln ist, um auf einen Rechtsstaat zu bestehen, der für alle Bürger:innen funktioniert. Die überlasteten Staatsanwaltschaften sind ein Zeichen dafür, dass hier ein gutes Händchen für die Zukunft gebraucht wird, um am Ende die Rechte aller zu wahren.