Kritik an Klöckner: Bundestag boykottiert CSD und Regenbogenflagge!

Kritik an Klöckner: Bundestag boykottiert CSD und Regenbogenflagge!
Die Entscheidung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), dass die Bundestagsverwaltung in diesem Jahr nicht am Christopher Street Day (CSD) in Berlin teilnimmt, schlägt hohe Wellen und sorgt für breite Kritik in der LGBTI-Community. Klöckner untersagte den Mitarbeiter:innen des Bundestags, als erkennbare Gruppe an der Demonstration teilzunehmen, und ließ ebenfalls die Regenbogenflagge am Reichstagsgebäude am Veranstaltungstag nicht hissen. Mit dem Hinweis auf das Neutralitätsgebot brachte sie ihr Vorgehen in Zusammenhang und verwies darauf, dass die Bundestagsverwaltung nicht an politischen Demonstrationen und öffentlichen Versammlungen teilnehmen dürfe, während Mitarbeiter:innen außerhalb des Dienstes selbstverständlich teilnehmen können. Diese Entscheidung fiel trotz der bisherigen Tradition, dass die Bundestagsverwaltung in den vergangenen Jahren stets eine starke sichtbare Präsenz beim CSD in Berlin zeigte. Der Verein Berliner CSD betont, dass der Rückzug als „aktive Absage an queere Sichtbarkeit“ gewertet wird und fordert von Klöckner eine öffentliche Stellungnahme, um ihre Position klarzustellen. [SWR] berichtet, dass Klöckner dies als Teil ihrer Neutralitätspflicht sieht.
In Rheinland-Pfalz ist die Reaktion auf Klöckners Entscheidung genauso deutlich. Der Zusammenschluss von LGBTI-Gruppen, Queernet-RLP, kritisierte die Aktion scharf, wobei Joachim Schulte, Sprecher von Queernet-RLP, feststellte, dass die Entscheidung Klöckners einer gesellschaftlichen Strömung dient, die die Freiheit von Menschen beschneidet. Darüber hinaus merkte Koblenzers Queerbeauftragte Patricia Pederzani an, dass LGBTQI kein ideologisches Konstrukt, sondern Teil der Identität sei und stellt somit Klöckners Sichtweise zur Neutralität infrage. Auch der rheinland-pfälzische Landtagspräsident, Hendrik Hering (SPD), geht mit Klöckner hart ins Gericht. Er sieht den CSD als unverzichtbares Zeichen für Gleichberechtigung und Respekt sowie als Bestandteil der Schutzpflicht des Staates gegenüber queeren Menschen. Diese gesamtgesellschaftliche Bedeutung wird auch in Bad Kreuznach unterstrichen, wo sich Stadtverwaltungen wie Mainz, Nierstein und Bingen hinter den CSD stellen. Stefan Butz, CSD-Organisator in Bad Kreuznach, bezeichnet Klöckners Entscheidung als ein falsches Zeichen.
Die Wurzeln des Christopher Street Day
Der Christopher Street Day hat seine Wurzeln in den Protesten der LGBTI-Bewegung, die im frühen 20. Jahrhundert in Deutschland begann. Ein Schlüsselmoment war die Störung der Polizei im Stonewall Inn in New York im Jahr 1969, wo LGBTI-Personen sich gegen die Diskriminierung zur Wehr setzten. Ein Jahr später, am 28. Juni 1970, fand der erste „Christopher Street Liberation Day“ statt, der als erste Pride-Demonstration gilt und heute weltweit mit Hunderttausenden Teilnehmenden gefeiert wird. Im Juni, dem offiziellen Pride Month, wird ein starkes Zeichen für die Sichtbarkeit und die Rechte von LGBTI-Communities gesetzt. Auch wenn die rechtliche Situation in vielen Ländern – wie etwa die Ehe für alle in Deutschland – Fortschritte zu verzeichnen hat, gibt es nach wie vor viele offene Forderungen. Dies sind unter anderem die Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes und Reformen im Abstammungsrecht. Angriffe auf LGBTI-Personen sind nach wie vor ein ernstes Problem, was den fortwährenden Protest und die Solidarisierung im Rahmen von Pride-Veranstaltungen unerlässlich macht. [Amnesty] weist darauf hin, dass trotz mancher positiver Entwicklungen, wie der größten Pride-Parade in Moldau, in anderen Ländern wie Russland und der Türkei tiefgreifende Repressionen gegen LGBTI-Aktivist:innen bestehen.
Vor diesem Hintergrund, in einer Zeit, in der die Sichtbarkeit und der Schutz der Rechte von LGBTI-Personen wichtiger denn je sind, wird Klöckners Entscheidung als Rückschritt wahrgenommen. Der CSD bietet nicht nur einen Raum zur Feier der Vielfalt, sondern ist auch ein wesentliches Forum des Protests gegen Diskriminierung und für Gleichheit. Die Forderung nach vollständiger Gleichheit und Respekt für die Identität aller Menschen bleibt somit zentral und aktuell.