Kinder und Geheimnisse: Ab wann können sie wirklich schweigen?
Bochum, Deutschland - In der Entwicklungspsychologie wird untersucht, ab wann Kinder in der Lage sind, Geheimnisse zu bewahren. Eine aktuelle Studie von Prof. Dr. Sabine Seehagen, Leiterin des Lehrstuhls für Entwicklungspsychologie an der Ruhr-Universität Bochum, bringt spannende Einblicke auf. In einem praktischen Beispiel plant eine Mutter eine Überraschungsparty für den Geburtstag ihres Mannes und bittet ihr Kind, das Geheimnis zu bewahren. Interessanterweise erzählt das Kind jedoch dem Vater von der Überraschung, was die Frage aufwirft: Ab wann können Kinder tatsächlich ein Geheimnis für sich behalten?
Die Fähigkeit, Geheimnisse zu bewahren, ist nicht nur eine Frage des Willens, sondern hängt auch von kognitiven Prozessen ab. Laut Ruhr-Universität Bochum benötigen Kinder ein gewisses Verständnis dafür, dass sie Informationen haben, die andere nicht wissen, was mit der Theorie des Geistes zusammenhängt. Dies erfordert die Entwicklung von exekutiven Funktionen, die dazu beitragen, Impulse zu kontrollieren.
Die Rolle der exekutiven Funktionen
Die exekutiven Funktionen spielen eine entscheidende Rolle bei der Selbstregulation von Emotionen, Gedanken und Handlungen. Diese Fähigkeiten sind im präfrontalen Cortex lokalisiert und umfassen Aspekte wie Arbeitsgedächtnis, Inhibition und kognitive Flexibilität. Studien zeigen, dass sich exekutive Funktionen besonders zwischen dem dritten und siebten Lebensjahr entwickeln und entscheidend für die soziale und emotionale Kompetenz der Kinder sind. Der Kindergartenpädagogik hebt hervor, dass Kinder mit guten selbstregulatorischen Fähigkeiten im Erwachsenenalter häufig bessere Schulabschlüsse erreichen, gesünder sind und weniger straffällig werden.
Vor dem fünften oder sechsten Lebensjahr fällt es den meisten Kindern noch schwer, Geheimnisse zu bewahren. Es zeigt sich, dass individuelle Unterschiede existieren, wann genau ein Kind in der Lage ist, ein Geheimnis zu bewahren. Um die Fähigkeiten eines Kindes zu testen, schlägt Prof. Seehagen vor, ein unverfängliches Geheimnis auszuwählen, das das Kind bewahren soll. Soziale Kontexte können ebenfalls die Wahrscheinlichkeit beeinflussen, dass ein Kind dazu in der Lage ist.
Förderung der Fähigkeiten im Vorschulalter
Um die exekutiven Funktionen zu fördern, bedarf es keiner speziellen Programme. Stattdessen können alltägliche Situationen genutzt werden, um diese Fähigkeiten zu trainieren. Zu den unterschiedlichen Ansätzen zur Förderung gehören unter anderem Computerbasierte Programme, Bewegung, traditionelle Kampfsportarten und Achtsamkeitstrainings. Dabei sollten die Fördermaßnahmen stets an den Entwicklungsstand des Kindes angepasst, regelmäßig wiederholt und in den Alltag integriert werden.
Ein Beispiel dafür ist das Projekt „EMIL“ in Baden-Württemberg, das Fachkräfte im Bereich der frühkindlichen Bildung weiterbildet, um exekutive Funktionen im Kindergarten gezielt zu fördern. Ziel ist es, Kinder frühzeitig in ihren kognitiven Fähigkeiten zu unterstützen, damit sie im weiteren Lebensverlauf von den positiven Effekten profitieren können.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die Fähigkeit, Geheimnisse zu bewahren, eng mit der Entwicklung exekutiver Funktionen verknüpft ist. Durch gezielte Förderung können Kinder auf ihrem Weg zu mehr Selbstregulation und sozialer Kompetenz begleitet werden.
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Vorfall | Sonstiges |
Ort | Bochum, Deutschland |
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