Verfallene Altstadt von Tarent: Ein Schatten einstiger Pracht

Taranto, Italien - Die Altstadt von Tarent, einst ein blühendes Zentrum mit prächtigen Barockpalästen, mittelalterlichen Kirchen und gotischen Klöstern, verströmt heute den Charme des Verfalls. Laut saechsische.de ist der Rückgang der Bevölkerung von ehemals 30.000 auf nur noch einige Hundert ein frappierendes Zeichen für die Misswirtschaft, die diese einst blühende Stadt heimgesucht hat. Die Altstadt, die auf einem Felsen errichtet wurde und weniger als einen Kilometer lang sowie 300 Meter breit ist, ist heutzutage kaum besucht. Eine stark befahrene Straße schneidet sie vom Rest der Stadt ab, und viele der schönen, alten Gebäude sind unbewohnt, ihre Türen vernagelt und Fensterscheiben eingeschlagen.

Zahlreiche Pflanzen wuchern unkontrolliert, während Graffiti an den Wänden prangen, darunter eine besorgniserregende Aufschrift: „Stop killing us“. Ein Ende der Verfallsgeschichte ist nicht in Sicht, da viele der Gebäude mit Stahlträgern gesichert wurden, um den fortlaufenden Verfall zu bremsen. Die Altstadt blühte bis zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, bevor die schwere Industrie, insbesondere die Stahlproduktion, die Region in ihren Bann zog. Unter dem Namen Ilva wurde in den 1960er Jahren eines der größten Stahlwerke Europas in unmittelbarer Nähe errichtet, das später als größter Umweltverschmutzer Italiens bekannt wurde. Offizielle Studien belegen einen erhöhten Zusammenhang zwischen Erkrankungen, einschließlich Krebs, und der Nähe des Stahlwerks zu den Wohngebieten.

Umstrittene Sanierungsprojekte und 1-Euro-Häuser

Um die Altstadt wiederzubeleben, hat die Regierung von Tarent ein innovatives Projekt ins Leben gerufen, bei dem 1-Euro-Häuser angeboten werden, um Investoren und vor allem junge Menschen anzuziehen. Wie nzz.ch berichtet, haben sich 500 Interessenten für lediglich 16 dieser stark renovierungsbedürftigen Häuser gemeldet. Bisher wurden 50 Renovationsprojekte eingereicht, von denen 11 ausgewählt wurden. Die neuen Besitzer müssen sich dazu verpflichten, die Häuser innerhalb von zwei Jahren zu renovieren, mit der Möglichkeit einer Verlängerung. Die Altstadt bietet nicht nur die Luft vergangener Zeiten, sondern auch historische Sehenswürdigkeiten wie dorische Säulen und ein Kastell aus der Renaissance, die auf das reichhaltige kulturelle Erbe der Region hinweisen.

Die Idee, Tarent als Stadt des Meeres, der Kultur und Geschichte zu positionieren, wird durch die Präsenz von Kreuzfahrtschiffen gestärkt. Cinzia Monfardini, eine Hotelbesitzerin, hebt die Bedeutung dieser Schiffe hervor. Im vergangenen Sommer besuchte wöchentlich ein Kreuzfahrtschiff die Stadt; dieses Jahr sollen es bereits drei bis vier pro Woche sein. Diese Entwicklung zeigt, dass es Anstrengungen gibt, Tarent von der belastenden Geschichte der Schwerindustrie zu befreien und neue wirtschaftliche Perspektiven zu eröffnen.

Soziale und wirtschaftliche Herausforderungen

Die gesundheitlichen Probleme der einstigen Arbeiter des Stahlwerks Ilva sind nicht zu übersehen. Berichten zufolge ist die Krebsrate unter ehemaligen Angestellten fünfmal höher als in der restlichen Bevölkerung. Die Luftqualität hat sich zwar verbessert, da das Werk weitgehend stillgelegt ist, doch das Erbe dieser industriellen Nutzung ist schwerwiegend. Die Stadtverwaltung plant, leerstehende Objekte besser zu bewirtschaften und das Leben zurück in die historischen Gassen zu bringen. Der Architekt Favatà Giovanbattista betont die Notwendigkeit einer sozialen Erneuerung, die parallel zur architektonischen Wiederbelebung erfolgen muss.

Der Wandel von Tarent ist nicht nur ein lokales Thema, sondern spiegelt eine breitere Entwicklung wider, die in vielen Städten zu beobachten ist. Laut bpb.de zeigen Städte heute, dass sie soziale Organismen sind, die sich ständig verändern und historische Schichten aufbauen. Planungsmaßnahmen, die sowohl architektonische als auch soziale Aspekte berücksichtigen, sind essenziell für die Zukunftstauglichkeit urbaner Räume. In Tarent, wo industrielle Vergangenheit und kulturelle Identität aufeinanderprallen, stehen die Zeichen auf Veränderung – ob diese jedoch erfolgreich sein werden, bleibt abzuwarten.

Details
Vorfall Verschmutzung
Ursache Gesundheitsprobleme, Stahlproduktion
Ort Taranto, Italien
Quellen