Gießen erinnert: Neues Museum für DDR-Flüchtlinge öffnet am 17. Juni

Gießen erinnert mit einem neuen interaktiven Museum an die Geschichte der DDR-Flüchtlinge. Eröffnung: 17. Juni 2025.
Gießen erinnert mit einem neuen interaktiven Museum an die Geschichte der DDR-Flüchtlinge. Eröffnung: 17. Juni 2025. (Symbolbild/NAGW)

Gießen erinnert: Neues Museum für DDR-Flüchtlinge öffnet am 17. Juni

Gießen, Deutschland - In Gießen tut sich etwas – und das nicht nur im Sinne der Stadtentwicklung. Am 17. Juni wird ein wichtiger Ort unserer Geschichte, das ehemalige Notaufnahmelager für Flüchtlinge aus der DDR, als interaktives Museum eröffnet. Ab diesem Datum können interessierte Besucher dort die Schicksale von mehr als 900.000 Menschen verfolgen, die zwischen 1950 und 1990 in Gießen Zuflucht fanden. Die Eröffnung wird nicht nur die Glanzstunden und Herausforderungen des Lagers thematisieren, sondern auch die Erzählungen von Zeitzeugen wie Edith Kretschmer, die 1926 geboren wurde und als junge Frau mit ihrer Familie von Mähren nach Gießen floh. Ihr erster Eindruck von der Stadt war alles andere als berauschend: „Eine Stadt voller Trümmer und schwarzer Soldaten“, berichtete sie. Ihre Geschichte wird zusammen mit vielen anderen in einem neuen Lern- und Erinnerungsort am Meisenbornweg präsentiert.Die FAZ hebt in ihrem Bericht hervor, dass dieser Ort nicht nur an die Vergangenheit erinnert, sondern auch eine Brücke zu aktuellen Diskussionen über Zuwanderung schlägt.

Das Notaufnahmelager in Gießen war lange Zeit das wichtigste Tor zur Freiheit für Hunderttausende, die aus der DDR und den ehemaligen Ostblockstaaten flüchteten. Die Eröffnung des interaktiven Museums wird von Historiker Florian Greiner geleitet und der frühere Bundespräsident Joachim Gauck wird als Festredner erwartet. Vor dem Museum wurde ein Gedenkstein versetzt, der an den Volksaufstand in der DDR 1953 erinnert, dessen gewaltsame Niederschlagung einen tiefen Einschnitt in der Geschichte des Landes markiert. Mit der Inschrift „Freiheit – Liebe – Respekt“ aus der Flüchtlingswelle von 2015 wird zudem eine Verbindung zur Gegenwart geschaffen, die die Flüchtlingsdebatten von heute thematisiert.

Ein Blick in die Vergangenheit

Das permanente Museum wird über 1000 Fotos, 55 Bildschirme mit Dokumentarfilmen und 30 Zeitzeugengespräche präsentieren. Diese multimediale Aufbereitung zielt darauf ab, den heute oft vergessenen historischen Kontext anschaulich zu machen. Ein weiterer Zeitzeuge, der ehemalige Fußballprofi Norbert Nachtweih, wird ebenfalls zu Wort kommen und seine Erfahrungen schildern. Besucher können zudem Originaldokumente und eine Miniatur-Nachbildung des Lagers sehen, was die Erinnerungen lebendig werden lässt. So unterschiedlich die Geschichten der Menschen sind, so vereint ist der Wunsch nach einem sicheren und würdevollen Leben.

Von Hermann Frankfurth wissen wir, dass er mit seiner Familie am 6. Oktober 1989 in Gießen ankam. Für viele war das Lager ein Symbol der Hoffnung und Freiheit, da die Bundesrepublik für freigekaufte Personen 95.847 D-Mark an die DDR überwiesen hat, um etwa 33.000 Menschen in den Westen abzuholen. Das Lager war bis 1990 die größte Erstaufnahmeeinrichtung in Westdeutschland und auch gut besucht, als nach dem Mauerfall 1989 Hunderte auf der Suche nach Asyl an die Türen klopften.

Ein Ort des Lernens für die Zukunft

Die Landesregierung hat seit 2018 an der Umwandlung des Notaufnahmelagers in einen interaktiven Lern- und Erinnerungsort gearbeitet, dessen Fertigstellung für den Sommer 2025 geplant ist. Dabei wird ein Gebäude in den Zustand der 1960er Jahre zurückversetzt. Die Ausstellung wird nicht nur die Flüchtlingsbewegungen der Nachkriegszeit beleuchten, sondern auch das soziale Leben im Lager und die Herausforderungen der Unterbringung thematisieren. In diesem Zusammenhang finden auch Fortbildungen für Lehrkräfte zur Konzeption der Dauerausstellung statt, die bereits im nächsten Jahr beginnen werden, um den pädagogischen Rahmen für junge Menschen zu schaffen.Hessen.de informiert über das geplante Programm und die Angebote für Schulen, die die Wichtigkeit von Demokratie und die Lehren der Geschichte vermitteln sollen.

Diese Initiative ist mehr als nur eine Ausstellung. Sie bietet Raum für Austausch, Reflexion und das Würdigen der Schicksale der vielen Menschen, die durch das Notaufnahmelager Gießen gegangen sind. Für die Glaubwürdigkeit der Geschichte ist es entscheidend, dass Zeitzeugen weiterhin zu Wort kommen und jüngere Generationen die Werte aus diesen Erfahrungen lernen können.

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OrtGießen, Deutschland
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