Vergessene Geschichte? Studie warnt vor Alarmierenden Erinnerungsdefiziten!

Bielefeld, Deutschland - Am 29. April 2025 wird die Erinnerungskultur in Deutschland herausgefordert, 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges steht die gesamtgesellschaftliche Aufarbeitung unter Druck. Die von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) veröffentlichte Gedenkanstoß MEMO-Studie zeigt auf, dass das kritische Geschichtsbewusstsein in der Bevölkerung alarmierend schwindet. In einer repräsentativen Online-Befragung unter 3.000 Personen, die in Deutschland wohnen, sowohl mit als auch ohne deutsche Staatsbürgerschaft, wird deutlich, dass nur 7,9 % der Befragten tatsächlich aktiv zur Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus beitragen, obwohl 37,9 % sich dazu bereit erklären, etwas dazu zu tun. Besonders jüngere Menschen und Studierende haben ein stärkeres Interesse an der Mitgestaltung der Erinnerungskultur.

Die Umfrageergebnisse verdeutlichen die folgenden Trends: 35,3 % der Befragten sind der Meinung, dass die Erinnerung an den Holocaust oft von Jüdinnen und Juden zu ihrem eigenen Vorteil genutzt wird. Zudem unterstützen 38,1 % die Forderung nach einem „Schlussstrich“ unter die NS-Zeit, was ein bedenkliches Zeichen der Geschichtsvergessenheit darstellt. Dr. Andrea Despot, Vorstandsvorsitzende der Stiftung EVZ, warnt vor der Gefährdung der Demokratie, die aus einem mangelnden Bewusstsein über historische Kontinuitäten resultiert. Diese Ergebnisse untermauern die Herausforderungen, vor denen die Erinnerungskultur in Deutschland steht.

Erinnerungskultur im Wandel

Die Studie hat auch gezeigt, dass 63,3 % der Befragten wenig oder nichts über NS-Verbrechen in ihrem Wohnort wissen. Ferner glauben 19,3 % der Befragten, dass der Wohlstand vieler deutscher Familien auf NS-Verbrechen basiert. Doch weniger als 3 % verbinden dies mit der eigenen Familie. Auch 27,2 % vermuten, dass der Wohlstand vieler Unternehmen auf den Verbrechen des Nationalsozialismus beruht, während nur 8 % dies für ihr eigenes Unternehmen annehmen.

Diese Erkenntnisse kommen zu einem Zeitpunkt, an dem Gedenkveranstaltungen und -orte, wie der Internationale Gedenktag für die Opfer des Holocaust am 27. Januar 2025 in Berlin, zunehmend in den Fokus rücken. Am Denkmal für die ermordeten Juden Europas, eingeweiht im Mai 2005, wird jährlich das Gedenken zelebriert. Allerdings hat die Erinnerungskultur in Deutschland auch mit Herausforderungen zu kämpfen. So hat das Denkmal „Bürger in Bewegung“, das 2013 vor dem Humboldt-Forum eingeweiht wurde, mit politischen und finanziellen Problemen zu kämpfen. Das 2012 eröffnete Denkmal für die unter NS-Ideologie verfolgten Sinti und Roma, gestaltet von Dani Karavan, befindet sich seit 2020 in Gefahr, aufgrund der S-Bahn-Trassenführung beeinträchtigt zu werden.

Zukunft der Erinnerung

Die Ergebnisse der MEMO-Studie sowie weitere Entwicklungen zeigen die Notwendigkeit, die Erinnerungskultur zu reformieren. Wolfgang Benz plant, 2025 neue Denkanstöße zur Zukunft der Erinnerung zu veröffentlichen. Eine zeitgemäße und sichtbare Erinnerungskultur ist entscheidend, um die Lehren aus der Geschichte lebendig zu halten und die dauerhafte Gefahr des Wiederauflebens von Antisemitismus, rechtspopulistischen und geschichtsrevisionistischen Haltungen zu adressieren.

Die von der Gedenkanstoß MEMO-Studie und den in den letzten Jahrzehnten geschaffenen Gedenkstätten und Denkmalen in Deutschland gebotenen Ansatzpunkte für eine innovative Bildungsarbeit sind essenziell. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte muss auch aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen thematisieren. Dies schließt die Integration von Geflüchteten als historische Leistung Deutschlands mit ein, um zu verhindern, dass die Fehler der Vergangenheit wiederholt werden. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Erinnerungskultur in Deutschland über die symbolischen Gedenkformate hinaus einen tieferen Einfluss auf das gesellschaftliche Bewusstsein gewinnt.

Weitere Informationen bietet die Gedenkanstoß MEMO-Studie und die Debatte über deutsche Erinnerungskultur.

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Ort Bielefeld, Deutschland
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