Neuer Blick auf die Bibel: Prof. Hölscher entfaltet religiöse Geheimnisse
Bochum, Deutschland - Prof. Dr. Michael Hölscher hat die Lehrstelle für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum übernommen. Seit dem 5. Mai 2025 beschäftigt sich der akademische Neuankömmling mit neuen Aspekten der biblischen Texte und legt einen besonderen Fokus auf die religiöse Alltagspraxis zur Entstehungszeit dieser Texte. In der heutigen Forschung ist es von zentraler Bedeutung, die Rolle des Raums und das Management der frühen Christen zu verstehen. Hölscher ist fasziniert von der Wirksamkeit der Sprache, vor allem in Gebeten und Verfluchungen, und plant, seine Forschungen auf Rituale sowie die Bedeutung von Gegenständen und Objekten auszuweiten.
Eine seiner wesentlichen Forschungsaussagen zielt auf die dynamische Rolle der Städte und Metropolen für die frühen Christen ab, die er in seiner Expertise über einen Zeitraum von mehr als 2.000 Jahren betrachtet. Dazu gehört auch die thematische Verbindung zwischen Kirche und Stadt, die im Kontext aktueller gesellschaftlicher Fragen von Bedeutung ist. Hölscher sieht das Ruhrgebiet als idealen Standort, um diese Themen zu vertiefen. Im kommenden Wintersemester 2025/26 wird er ein Seminar zu Kirche und Stadt anbieten, um diese Fragestellungen auf eine breitere Basis zu stellen.
Der religiöse Alltag der frühen Christen
Ein weiterer spannender Bereich der Forschung ist die häusliche Religiosität im frühen Christentum, die durch ein interdisziplinäres Projekt, in dem evangelische Theologen der Universität Wien und Archäologen des Instituts für Kulturgeschichte (IKAnt) der ÖAW zusammenarbeiten, untersucht wird. Das Projekt zielt darauf ab, die alltägliche Religiosität der frühen Christinnen und Christen im privaten Bereich zu erforschen. Markus Öhler, der Projektleiter, beschreibt die Forschung als „schwierige Detektivarbeit“, die eine Kombination aus literarischen Zeugnissen und archäologischen Funden erfordert.
Besonders bemerkenswert ist, dass das Christentum sich im Kontext von Familie und Haus entwickelte und nicht aus einem öffentlichen Kult heraus entstand. Die Forschung konzentriert sich auf zwei Phasen: dem 1. und 2. Jahrhundert, in dem literarische Zeugnisse gesammelt werden, und dem 3. bis 6. Jahrhundert, der von archäologischen Funden geprägt ist. Die Ergebnisse sollen in einer Buchpublikation und Dissertation zusammengefasst werden.
Neue Perspektiven auf biblische Texte
Parallel zu diesen Studien wird das Projekt ParaTexBib an der Ludwig-Maximilians-Universität München fortgeführt, dessen Ziel eine neue Betrachtung biblischer Manuskripte ist. Dieses Forschungsprojekt, das auf den Zeitraum von 2014 bis 2020 zurückblickt, wurde mit einem Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates gefördert. Es betrachtet biblische Manuskripte nicht nur als Überlieferung von Originaltexten, sondern sieht sie als individuelle Zeugen eines Lese- und Neuinterpretationsakts. Dies ist besonders wichtig, da Paratextmaterialien – wie Einführungen, Biografien und Indizes – oft vernachlässigt wurden und eine Bereicherung für das Verständnis biblischer Texte darstellen können.
Die Manuskript-Daten des Projekts werden in der Pinakes-Datenbank katalogisiert und sind über die öffentliche Benutzeroberfläche manuscripta-biblica.org zugänglich. Außerdem sind die Ergebnisse in einer Reihe von Veröffentlichungen unter dem Titel Manuscripta Biblica verfügbar, was einen bedeutenden Fortschritt in der Wissenschaftskommunikation darstellt.
Insgesamt verdeutlichen die Arbeiten von Hölscher, Öhler und den Wissenschaftlern von ParaTexBib, dass die Erforschung des frühen Christentums und der biblischen Texte eine facettenreiche und tiefgreifende Aufgabe darstellt, die auch moderne Fragen zur Religiosität und urbanen Identität in den Blick nimmt. Während sich die Disziplin kontinuierlich weiterentwickelt, bleibt der interdisziplinäre Austausch zwischen verschiedenen Fachrichtungen essenziell, um ein umfassenderes Bild der religiösen Praktiken und der historischen Kontexte zu gewinnen.
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Ort | Bochum, Deutschland |
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