Der Begriff Industrie 4.0 beschreibt sehr unterschiedliche Chancen und Herausforderungen. Diese Entwicklungen werden auch für Industriezweige, die analoge Materialien wie Metall, Kunststoff oder Papier verarbeiten, immer relevanter. Weil die erhöhte Rechenleistung es ermöglicht, Produktions- und Verarbeitungsprozesse digital zu simulieren. Auf diese Weise können viele Prozesse verbessert werden, ohne Zeit und Ressourcen durch Ausprobieren zu verschwenden. Solche Simulationen erfordern jedoch extrem leistungsfähige und teure Computer. Kleine und mittlere Unternehmen können sich diese Art von Technologie oft nicht leisten, und es fehlen ihnen auch die Spezialisten, um ihre eigenen Simulationswerkzeuge zu entwickeln.
Die Nachwuchsgruppe SmartKMU startet am HTWK
Aus diesem Grund startete im Januar die interdisziplinäre Nachwuchsgruppe SmartKMU an der Universität Leipzig für Technologie, Wirtschaft und Kultur (HTWK Leipzig). Fünf Absolventen der HTWK Leipzig entwickeln Simulationswerkzeuge für die verarbeitende Industrie, die auf herkömmliche Computer anwendbar sein sollen. Als Anwendungsbeispiel dient der für die Verpackungsindustrie wichtige Kartonprägeprozess. Die Forschungsgruppe wird vom sächsischen Wissenschaftsministerium mit rund 1,3 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert.
Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow: „Die sächsische Wirtschaft wird von vielen kleinen und mittleren Unternehmen geprägt. Als technisch orientierte Universität leistet die HTWK Leipzig einen herausragenden Beitrag zur Qualifikation von Fachkräften und stärkt gleichzeitig die Innovationsfähigkeit der gesamte Region. Die Universität etabliert sich zunehmend als kompetenter Ansprechpartner im Bereich der angewandten Digitalisierung. Ich freue mich, dass der Freistaat mit Mitteln des ESF innovative Projekte wie SmartKMU ermöglichen kann. „
„Mit der neuen Nachwuchsgruppe eröffnen wir herausragenden Absolventen der HTWK Leipzig den Weg zu einer wissenschaftlichen Karriere und einer Promotion. Gleichzeitig unterstützen wir sächsische Unternehmen dabei, die Möglichkeiten und Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen“, sagt er HTWK-Rektor Prof. Mark Mietzner.
Drei Ingenieure, ein Ingenieur und ein Mathematiker werden zusammenarbeiten, um mathematische Methoden, Modelle und Software zu entwickeln, mit denen Prägeprozesse in Pappe und Papier simuliert werden können. Die Entscheidung für dieses Anwendungsgebiet wurde aus verschiedenen Gründen getroffen, erklärt Florian Wallburg, Leiter der Junior Research Group: „Wir alle beschäftigen uns jeden Tag mit Papier und Pappe – zum Beispiel in Form von Lebensmittelverpackungen im Supermarkt. Mit Prägung wird Braille hinzugefügt oder haptische Effekte auf Pappe. Ähnliche Ergebnisse können auch mit zusätzlichen Lack- oder Filmbeschichtungen erzielt werden – diese sind jedoch weniger leicht recycelbar und daher umweltschädlicher. „
Aufbau eines branchenübergreifenden Netzwerks
Bisher haben Druck- und Verpackungsunternehmen ermittelt, wie tief eine Matrize eingedrückt werden muss, indem sie ausprobiert haben, was am besten funktioniert. Das Prägen ist daher komplex und teuer. In den nächsten drei Jahren werden die Mitglieder der Nachwuchsforschungsgruppe Prägeprozesse in Pappe digital reproduzieren und vereinfachen, damit die resultierende Software auf einem normalen Arbeitscomputer verwendet werden kann. Dies bedeutet, dass Optimierungen und Änderungen im Prozess zunächst zukünftig digital simuliert werden können, bevor sie in Produktion gehen. „Papier und Pappe sind aufgrund ihrer Faserstruktur recht komplexe Werkstoffe. Wenn wir mit diesen Werkstoffen Umformprozesse simulieren können, können wir die Methoden problemlos auf andere Werkstoffe und Bearbeitungsprozesse übertragen“, ist der wissenschaftliche Leiter Prof. Stephan Schönfelder überzeugt. Im Verlauf des Projekts möchten die Forscher ein branchenübergreifendes Netzwerk für die materialwissenschaftliche Simulation von Herstellungsprozessen aufbauen.
SmartKMU („Intelligente Simulationswerkzeuge zur Prozessdigitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen der Fertigungsindustrie“) ist die zehnte Nachwuchsforschungsgruppe am HTWK Leipzig, die vom ESF finanziert wird. Der Maschinenbauingenieur Florian Wallburg leitet die Gruppe von vier jungen Wissenschaftlern. Sie werden von vier Professoren der HTWK Leipzig betreut und vom Graduiertenzentrum der HTWK Leipzig unterstützt.