Lesen mit Naturbezug: Wie Bücher die Umweltwahrnehmung fördern

Potsdam, Deutschland - Am 29. April 2025 ist die Diskussion um Natur und Literatur in vollem Gange, besonders durch die jüngsten Ereignisse in einem kleinen Dorf, wo ein jahrhundertealter Lindenbaum für Verkehrsprojekte gefällt werden sollte. Gundula Priebe, eine engagierte Bürgerin, ist über die Entscheidung entrüstet und setzt sich für den Erhalt des Baumes ein. Dank ihrer Beharrlichkeit ändert die Gemeindevertretung schließlich ihre ersten Pläne, und die Linde bleibt als Naturdenkmal erhalten. Diese Geschichte spiegelt das Potenzial von Engagement und Gemeinschaft wider.

Die literarische Sicht auf Natur wird insbesondere von Dr. Sabine Röttig, einer Literaturwissenschaftlerin an der Universität Potsdam, beleuchtet. In ihrem Fachgebiet untersucht sie die Beziehung zwischen Kinderliteratur und Umweltwahrnehmung. Röttig beschreibt, wie das Kinderbuch „Die Linde vor Priebes Haus“ von Horst Beseler eine prägende Rolle in ihrer Kindheit spielte. Durch Literatur können Kinder schwierige Themen besser verstehen, ihre Fantasie anregen und über ihr eigenes Verhalten nachdenken.

Literatur und Umweltbewusstsein

Eine zentrale Erkenntnis von Röttig ist die Bedeutung von „Ecocriticism“, welche literarische Texte mit ökologischen Themen verknüpft, um ein vertieftes Umweltbewusstsein zu fördern. In ihrer Forschung zeigt sie, dass Literatur helfen kann, das „environmental doublethink“ zu überwinden, indem sie Wissen mit Emotionen verbindet. Diese literarischen Darstellungen könnten das Verhältnis der Menschen zur Natur nachhaltig verändern.

Röttig und ihre Kollegin Julia Kruse haben zudem eine Checkliste zur Auswahl von Kinderbüchern entwickelt, die das Thema Natur auf einfühlsame Weise behandeln. Jüngste Entwicklungen in der Literatur zeigen, dass die Darstellung von Wölfen von dem typischen Bild des bösen Wolfes abweicht und stattdessen ein Verständnis für die Tiere fördert. Ebenso verweist Röttig auf das Kinderbuch „Willa of the Wood“, welches die Kommunikation zwischen Pflanzen thematisiert und somit das Bewusstsein für deren Bedeutung schärfen könnte.

Der Einfluss des Waldes in der Literatur

Die Verbindung von Literatur und Natur geht jedoch über die Kinderliteratur hinaus. Klara Schubenz hat kürzlich eine 500-seitige Studie veröffentlicht, die die Wald- und Forstgeschichte seit dem Mittelalter beleuchtet. Ihre Arbeit zeigt, wie Literatur den Umgang mit dem Wald beeinflusst hat und umgekehrt. Die Analyse romantischer Walddarstellungen bildet den ersten Teil ihrer Studie und thematisiert die „Waldmode“ der romantischen Ära sowie deren Verbindung zur Musik und der identitätsstiftenden Rolle des Waldes.

Schubenz untersucht auch, wie Autoren wie Wilhelm Raabe und Theodor Storm in ihren realistischen Erzählungen Rückzüge in den Wald oft mit Scheitern zu verbinden. Sie geht auf den Wandel der Rechtsordnung in Bezug auf Waldeigentum im 19. Jahrhundert ein, wobei literarische Werke wie Annette von Droste-Hülshoffs „Die Judenbuche“ unterschiedliche Perspektiven auf diese Thematik eröffnen.

Die wechselseitigen Beziehungen zwischen literarischen Darstellungen und auswärtigen Bereichen, wie der touristischen Erschließung des Böhmerwaldes, verdeutlichen, wie eng Literatur mit ökologischen und sozialen Fragestellungen verflochten ist. Für ihre umfassende Studie erhält Schubenz den Novalis-Preis und setzt damit einen wichtigen Akzent in der Erforschung der Waldliteratur.

Zusammenfassend zeigt sich, dass Literatur nicht nur als Bildungsinstrument für Kinder dient, sondern auch als ein mächtiges Werkzeug zur Förderung des Umweltbewusstseins in der Gesellschaft. Die Geschichten, die wir lesen und erzählen, können entscheidend dazu beitragen, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen und schützen.

Für weitere Informationen zu Sabine Röttigs Forschung lesen Sie bitte uni-potsdam.de und zu Klara Schubenz‘ Arbeit besuchen Sie gestern-romantik-heute.uni-jena.de.

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Vorfall Umwelt
Ort Potsdam, Deutschland
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