Schaf-Domestizierung: Wie ein Urvater der Menschheit unsere Kultur prägte

Aşıklı Höyük, Türkei - Die Domestizierung von Schafen hat eine lange und bedeutende Geschichte, die vor etwa 11.000 Jahren in Südostanatolien begann. Ein internationales Forschungsteam, einschließlich Wissenschaftler der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, hat kürzlich 118 Schafknochen untersucht, die aus den letzten 12.000 Jahren stammen und sowohl aus Europa als auch aus Asien kommen. Diese Forschungsarbeit, die im Fachjournal „Science“ veröffentlicht wurde, hat wichtige Erkenntnisse über die frühen Beziehungen zwischen Menschen und Schafen geliefert. Besondere Aufmerksamkeit erhielt das Dorf Aşıklı Höyük, das über 10.000 Jahre alt ist, wo wesentliche Funde zur Schafhaltung gemacht wurden.

Einzelne Knochenanalysen belegen, dass die ersten domestizierten Schafe von Mufflons, die in demselben geographischen Raum beheimatet sind, abstammen. Diese frühen Schafpopulationen spielten eine zentrale Rolle in der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung menschlicher Gesellschaften, die auf die Nutzung von Milch und Wolle zurückgreifen konnten. Gelenkschäden an den Knochen deuten darauf hin, dass die Tiere eingepfercht wurden, was auf eine bereits beginnende Zuchtpraxis schließen lässt.

Genetische Vielfalt und ihre Bedeutung

Eine weitere interessante Entdeckung betrifft die genetische Vielfalt der heutigen Hausschafe in Eurasien. Während frühere Theorien annahmen, dass diese Vielfalt während der Domestikation abnahm, stellt eine neuere Analyse von mitochondrialen Genomen aus Aşıklı Höyük diese Annahme in Frage. Die Forschungen zeigten eine hohe mitogenomische Diversität, die durch fünf unterschiedliche mütterliche Linien dokumentiert ist, darunter eine bisher unbekannte Linie.

Die hohen Werte der mitogenomischen Diversität waren für die Wissenschaftler unerwartet. Zwischen 10.300 und 9.300 v. Chr. konnten sowohl gehaltene als auch gejagte Schafe nachgewiesen werden, was darauf hinweist, dass Schafherden in dieser Zeit möglicherweise durch einheimische Wildschafe ergänzt wurden. Diese Vielfalt zeigt, dass die Schafhaltung in dieser Region und zu dieser Zeit florierte und eine zentrale Rolle in der Entwicklung der Landwirtschaft spielte.

Ein Flaschenhals in der Schafzucht

Mit der Ausbreitung der Schafzucht weit über die ursprünglichen Domestikationsgebiete hinaus nahm die mitogenomische Vielfalt jedoch ab. Dies geschah insbesondere im 9. Jahrtausend v. Chr., als kleinere Herden von reduzierten Schafpopulationen als Gründerpopulationen für neue Herden entfernt wurden. Die Dominanz der Linie B in Europa wird als Folge dieses „Flaschenhalses“ in der Jungsteinzeit angesehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Schafe nicht nur für die menschliche Zivilisation von großer Bedeutung sind, sondern auch, dass die genetische Forschung zur Domestizierung dieser Tiere wichtige Einblicke in die Anpassungen menschlicher Kulturen seit der letzten Eiszeit bietet. In Europa stammen die heutigen Schafe überwiegend von einer bestimmten mütterlichen Linie ab, während in Ostasien eine andere Linie vorherrscht.

Diese Erkenntnisse, untermauert durch genetische Analysen und archäologische Funde, eröffnen neue Perspektiven auf die frühe Mensch-Tier-Beziehung und deren Einfluss auf die Entwicklung von Gesellschaften.

Für weitere Informationen lesen Sie die vollständigen Berichte auf suedkurier.de, lmu.de und herder.de.

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Ort Aşıklı Höyük, Türkei
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