Emotionaler Abschied: Goodyear-Werk in Fulda schließt nach 125 Jahren
Am 4. Oktober 2025 verabschiedet sich Fulda vom Goodyear-Reifenwerk nach 125 Jahren. Emotionale Abschiedsprache und Zukunftsängste prägten den Tag.

Emotionaler Abschied: Goodyear-Werk in Fulda schließt nach 125 Jahren
Ein bittersüßer Abschied ereignete sich am 4. Oktober 2025 im Goodyear-Werk in Fulda. Die Belegschaft wurde zur Wiesenmühle eingeladen, um gemeinsam den letzten Tag der traditionsreichen Reifenproduktionsstätte zu begehen. Nach mehr als 125 Jahren, in denen hier Reifen hergestellt wurden, wird das Werk nun auf wirtschaftliche Gründe hin geschlossen. Selbst der Produktionsleiter, Klaus Dorst, konnte sich die Tränen nicht verkneifen, als er sich bei den Mitarbeitern für deren langjähriges Engagement bedankte. Der letzte Reifen lief am 30. September vom Band, und die Stimmung am Abschiedstag war von Traurigkeit und Wehmut geprägt. Viele Mitarbeiter schwelgten in Erinnerungen und betonten, wie sehr sie die täglichen Begegnungen mit den Kollegen vermissen werden. So schilderte die Laborleiterin Jasmin Becker den Tag als merkwürdig und erinnerte sich an die letzten Stunden im Werk.
Rund 1.050 Beschäftigte haben bis zur Schließung ihren Arbeitsplatz im Fuldaer Werk, von denen etwa 500 das Unternehmen verlassen müssen. Die Gewerkschaft IGBCE äußerte bereits Bedenken über diese Schließung und die damit verbundenen Folgen. Laut einem Bericht von Tagesschau trifft die Entscheidung nicht nur die Belegschaft direkt, sondern wirft auch Fragen zur künftigen Nutzung des 170.000 Quadratmeter großen Werksgeländes auf. Die Stadt Fulda hat sich jedoch bereits Einfluss auf die zukünftige Entwicklung gesichert.
Schließung mit schwerem Herzen
Die Schließung stellt für viele Mitarbeiter einen tiefen Einschnitt dar. So denkt etwa Martin Mackwitz, der 37 Jahre im Werk tätig war, über seinen Wechsel in eine Transfergesellschaft nach, die ihm für ein Jahr 80 Prozent seines Gehalts zahlen wird. Andere, wie Norman Böhmer, der drei Jahrzehnte bei Goodyear arbeitete, planen, sich selbstständig zu machen. Für einige ist die Aussicht auf neue Anstellungen bereits in Sicht, während andere noch auf der Suche sind. Abfindungen wurden als eine triste Entschädigung für den Verlust beschrieben.
Die Schließung des Werkes ist Teil einer größeren Strategie von Goodyear, die Produktion in Europa zu reduzieren und vermehrt nach Osteuropa zu verlagern, wo die Produktionskosten niedriger sind. So befinden sich auch andere Werke des Unternehmens und der Konkurrenz in der Kritik, wie ein Bericht auf autohaus.de nahelegt. Während die IGBCE und Betriebsräte gegen diese Entwicklung ankämpfen, wird die Lage für die Gefährdeten immer prekärer.
Zukunftsaussichten und Bedenken
Goodyear hatte in der Vergangenheit, 2019, mehr als 30 Millionen Euro in das Fuldaer Werk investiert, doch diese Investitionen konnten die Schließung nicht verhindern. Der Druck durch Überkapazitäten und hohe Kosten führt zu einer besorgniserregenden Entwicklung in der Automobilzulieferindustrie. Im Rahmen der „Kasseler Erklärung“ fordert die Gewerkschaft verstärkte Kooperationen mit der Autoindustrie, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und damit Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Die Unsicherheiten in der Branche nehmen zu – ein Drittel der noch zwölf Reifenwerke in Deutschland steht unter Druck, und die Situation könnte für weitere 3.300 Jobs gefährlich werden.
Wie die Belegschaft des Goodyear-Werkes in Fulda nun in die Zukunft blickt, bleibt abzuwarten. Der Abschied von einer Institution, die für viele über Jahre hinweg ein wichtiger Teil des Lebens war, wird an diesem unvergesslichen Tag sicherlich nicht als einfach empfunden. Die gemeinsame Zeit wird in guter Erinnerung bleiben, doch der Blick auf die Sorgen und Herausforderungen der Zukunft wird nie ganz verschwinden.