Rettung für Rennau: Anwohner kauft Kirche, um Dorf zu bewahren!
Nando Röckemann kauft St. Stephanskirche in Rennau, um Verfall zu verhindern. Zukunft ländlicher Kirchen steht auf dem Spiel.

Rettung für Rennau: Anwohner kauft Kirche, um Dorf zu bewahren!
Im malerischen Dorf Rennau, das nur etwa 700 Einwohner zählt, tut sich etwas Bemerkenswertes. Der Kinder- und Jugendpsychiater Nando Röckemann hat die St. Stephanskirche erworben, um ihrer potenziellen Schließung und dem Verfall entgegenzuwirken. Diese Initiative ist Teil eines größeren Trends in Deutschland, wo sich Kirchen in den letzten Jahren zunehmend von gottesdienstlichen Zwecken entkoppeln müssen. Laut NDR berichtet, müssen sich Kirchen in Deutschland langfristig von jedem dritten ihrer Gebäude trennen.
Die St. Stephanskirche wurde im April 2025 entwidmet und die Glocke ausgebaut. Der Kaufpreis von ursprünglich 30.000 Euro konnte hart verhandelt werden. Röckemann plant, die unbequemen Kirchenbänke zu entfernen, um das Gebäude für die Gemeinschaft zugänglicher zu machen. Dies führt zu einer wichtigen Diskussion über die zukünftige Nutzung von Kirchen und deren stellenwert in ländlichen Gegenden.
Herausforderungen der Nachnutzung
Die Notwendigkeit, Kirchen für die Nutzung durch die Gemeinschaft umzugestalten, ist unumstritten. Marcus Wagner, der Leiter des Denkmalschutzes im Landkreis Helmstedt, hebt hervor, dass kreative Lösungen gefragt sind, um den Verfall dieser historischen Bauten zu verhindern. Der geringe Brandschutz bei Kirchenanlagen stellt dabei eine große Herausforderung dar. Ein Vorschlag für einen zweiten Rettungsweg durch die Sakristei wird zur Debatte gestellt, um den Anforderungen an eine sichere Nachnutzung gerecht zu werden.
Darüber hinaus zeigt eine Untersuchung, dass etwa 30% der Kirchen in der Region Berlin-Brandenburg in den nächsten zehn Jahren nicht mehr für gottesdienstliche Zwecke genutzt werden, wie die Deutsche Stiftung Denkmalschutz feststellt. Dass ein Umdenken erforderlich ist, wird durch die Beispiele erfolgreicher Umnutzungen wie Kitas oder Sporteinrichtungen in anderen Städten unterstrichen. Solche kreativen Projekte könnten dringend benötigte Perspektiven für viele dieser strauchelnden Bauten bieten.
Die historische Dimension der Kirchenumnutzung
Doch Kirchenumnutzung ist kein neues Konzept. Tatsächlich sind Umnutzungen von Kirchen seit dem Mittelalter belegt. Die Säkularisation hat in der Vergangenheit immer wieder dazu geführt, dass Kirchen in neue Funktionen überführt wurden — ob als Schulräume oder landwirtschaftliche Betriebe. Diese Transformationen zielen nicht nur auf den Erhalt der Gebäudesubstanz ab, sondern auch auf die Schaffung von sozialen Resonanzräumen, wie der Politikwissenschaftler Hartmut Rosa fordert. Es ist unerlässlich, die Potenziale dieser Räume zu entdecken und entsprechende Transformationsprozesse zu wagen.
Doch die Diskussion um den Erhalt und die Umnutzung von Kirchen ist nicht frei von Konflikten. Während die Denkmalpflege den Erhalt der Bauten als Sakralräume sieht, empfinden die Theologen eine Umnutzung oft als problematisch. Die theologischen und architektonischen Perspektiven prallen aufeinander, was zusätzliche Herausforderungen an die Transformation stellt.
Im Falle von Röckemann in Rennau zeigt sich, wie wichtig das Engagement des Einzelnen für die Gemeinschaft ist. Mit seinem Vorhaben könnte er Modellcharakter für andere Gemeinden annehmen, die ähnliche Lösungen für die Zukunft ihrer Kirchen suchen. Während große Kirchen sich mit einem Mitgliederschwund und sinkenden Kirchensteuereinnahmen auseinandersetzen, ist die kreative Umnutzung von Kirchen ein möglicher Weg, um diesen wertvollen sozialen Raum zu erhalten und neu zu beleben.
Die Umnutzung von Kirchen in Deutschland ist also nicht nur ein aktuelles Thema, sondern auch ein gesellschaftlicher Auftrag, der eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Rolle von Glaubensräumen in der modernen Welt erfordert. Ob als kulturelle Markierung oder als Begegnungsort für verschiedene Generationen, die Kirchen haben das Potenzial, auch jenseits des Gottesdienstes wertvolle Funktionen zu erfüllen.