Revolution im Bau: Biobeton aus Urin könnte die Branche verändern!
Stuttgart, Deutschland - Forschende der Universität Stuttgart haben einen innovativen Baustoff entwickelt, der auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheint: Biobeton. Dieser neuartige Stoff könnte die Bauindustrie revolutionieren, indem er nicht nur eine hohe Druckfestigkeit aufweist, sondern auch umweltfreundlich ist und das Potenzial hat, traditionellen Sandstein sowie zementbasierten Beton zu ersetzen. Besonders bemerkenswert ist, dass Biobeton potenziell komplett aus Abfallstoffen hergestellt werden kann, was den ökologischen Fußabdruck der Bauweise erheblich verringert.
Die Herstellung von Biobeton erfolgt durch ein Verfahren namens Biomineralisierung. Dabei wird menschlicher Urin als Rohstoff verwendet. In einem aufwendigen Prozess werden Sand mit einem bakterienhaltigen Pulver gemischt und mit calciumangereichertem Urin über einen Zeitraum von drei Tagen gespült. Während dieses Vorgangs bauen die Bakterien Harnstoff ab und bilden Calciumcarbonat-Kristalle, die das Sandgemisch verfestigen und so einen festen Baustoff erzeugen, der chemische Ähnlichkeiten mit natürlichem Kalksandstein aufweist.
Materialeigenschaften und Forschungsstand
Die bisherigen Ergebnisse der Forschungen sind vielversprechend: Erste Proben des Biobeton zeigen eine Druckfestigkeit von über 50 Megapascal, wenn technisch stabilisierter Harnstoff verwendet wird. Bei synthetisch stabilisiertem Urin lag die Druckfestigkeit bei 20 Megapascal, während echter menschlicher Urin eine Druckfestigkeit von fünf Megapascal aufwies. Diese Unterschiede erklären sich dadurch, dass die Bakterien nicht die volle Biomineralisierungszeit aktiv bleiben können. Die Forschenden streben jedoch an, die Druckfestigkeit auf 30 bis 40 Megapascal zu erhöhen, um den Baustoff für Mauerwerk von zwei- bis dreigeschossigen Gebäuden geeignet zu machen.
Aktuell werden zudem Frost-Tau-Versuche durchgeführt, um zu testen, ob Biobeton auch für den Außenbereich geeignet ist. Das Projekt wurde vom baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst finanziert und zeigt das Potential innovativer Baustoffe in der nachhaltigen Bauweise.
Nachhaltigkeit in der Bauindustrie
Die Entwicklung von Biobeton ist jedoch nicht nur ein isolierter Fortschritt. Die Bauindustrie befindet sich in einem umfassenden Transformationsprozess, in dem regenerative Baustoffe eine zentrale Rolle spielen. Laut TechZeitgeist stehen die Branchenakteure unter Druck, ihre CO₂-Emissionen zu senken, da der Bausektor etwa 38 % der globalen CO₂-Emissionen verursacht. Regenerative Baustoffe, die auf biobasierten, recycelten oder CO₂-neutralen Materialien basieren, sind nicht nur langlebiger, sondern auch umweltfreundlicher als traditionelle Werkstoffe.
Diese neuen Materialien lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen: Biobasierte Materialien, recyceltes CO₂ zur Baustoffherstellung und intelligente Werkstoffe. Beispielsweise bestehen biobasierte Ziegel aus natürlichen Materialien wie Lehm und Pflanzenfasern, die eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Ziegeln darstellen. Unternehmen und Start-ups nutzen innovative Herstellungsverfahren, um diese Materialien zu entwickeln, wobei einige bereits in Pilotprojekten zur Anwendung kommen.
Die Herausforderungen sind jedoch nicht zu unterschätzen. Hohe Produktionskosten und die Einhaltung gesetzlicher Bauvorschriften stellen Hürden dar, die überwunden werden müssen. Branchenexperten erwarten dennoch, dass regenerative Baustoffe in den nächsten fünf bis zehn Jahren ihren Marktdurchbruch feiern könnten. Bis 2030 könnten nachhaltige Baustoffe dann möglicherweise zum Standard in Neubauten werden, insbesondere in ökologischen Projekten.
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Ort | Stuttgart, Deutschland |
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