Taiwan vor Kernkraft-Aus: Wird das grüne Energiewunder Realität?
Taiwan, Land - Am 15. Mai 2025 steht Taiwan vor entscheidenden Veränderungen in seiner Energiepolitik, da das Land plant, sein letztes Kernkraftwerk abzuschalten. Diese Maßnahme erfolgt vor dem Hintergrund eines steigenden Energiebedarfs, der bis 2030 um 12 bis 13 Prozent zulegen könnte, was insbesondere durch die boomende Halbleiterindustrie und die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) bedingt ist. Laut Al Jazeera wird erwartet, dass die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) im Jahr 2030 so viel Strom verbrauchen wird, dass dies etwa einem Viertel des Gesamtstrombedarfs der taiwanesischen Bevölkerung entspricht.
In diesem Kontext strebt Taiwan an, bis 2050 netto-null Emissionen zu erreichen, was eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien an der Energieproduktion von derzeit 12% auf 60 bis 70% erforderlich macht. Einem Bericht zufolge bleibt die Entwicklung der erneuerbaren Energien hinter den ehrgeizigen Zielen zurück. Bis November 2024 betrug der Anteil erneuerbarer Energien lediglich 11,1%, was das Ziel von 20% bis Ende des Jahres verfehlt. Die Regierung musste bereits das Ziel für 2025 auf 15% herabsetzen – auch dieses wird voraussichtlich nicht erreicht werden.
Energiewende und politische Auseinandersetzungen
Die politische Landschaft in Taiwan ist stark polarisiert, insbesondere was die Kernenergie betrifft. Während die regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) eine anti-nukleare Haltung vertritt, haben oppositionelle Parteien wie die Kuomintang und die Taiwan People’s Party einen jüngsten Gesetzesentwurf unterstützt, der es Kernkraftwerken ermöglicht, Anträge auf Verlängerung der Betriebszeiten über die ursprünglich geplanten 40 Jahre hinaus zu stellen. Dieses Gesetz könnte künftigen Entwicklungen im Bereich der Kernenergie Tür und Tor öffnen, trotz der scharfen Kritik von Umweltgruppen wie Greenpeace.
Ein weiteres Problem ist, dass die Energieproduktion in Taiwan von 2016 bis 2024 um 7,36% zurückgegangen ist. Chia-wei Chao von der Taiwan Climate Action Network argumentiert, dass eine Revival der Kernenergie die Investitionen in die Erneuerbaren schwächen könnte, während Lena Chang von Greenpeace die Bedenken bezüglich Sicherheit, nuklearer Abfallentsorgung und Umweltrisiken hervorhebt. Sie setzt sich dafür ein, dass die Chipindustrie einen Großteil der Verantwortung für die Energiewende übernimmt.
Herausforderungen und Lösungen für die Zukunft
Die Energiewende in Taiwan wird von verschiedenen Herausforderungen begleitet. Die Pipeline für erneuerbare Energien ist rückläufig, und Prognosen deuten auf einen Mangel von nahezu 7 Gigawatt bis 2029 hin, was die Ziele der Regierung gefährdet. Insbesondere im Solarsektor gibt es negative öffentliche Wahrnehmungen und fragmentierte Flächennutzung, die die Fortschritte behindern. Offshore-Windkraft wird als entscheidend für den Erfolg der Energiewende angesehen, doch wurden im Jahr 2024 keine finanziellen Abschlüsse für Offshore-Windprojekte erzielt.
Um das Ziel von 20 GW installierter Leistung bis 2025 zu erreichen, müssten bis Ende 2025 fast 6 GW installiert werden, und die solarthermische Kapazität wächst langsamer als erwartet. Dieser Rückstand verwundert, wenn man bedenkt, dass Taiwan seit 2016 die Kapazität erneuerbarer Energien um 16 GW erhöht hat, jedoch 6,4 GW hinter dem Ziel von 27 GW für 2025 zurückbleibt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Taiwans Energiepolitik angesichts der schwindenden Zeit für die Erreichung seiner Klimaziele einer dringenden Neubewertung bedarf. Während die Pläne zur Abschaltung der letzten Kernkraftwerke vorangetrieben werden, stehen die Herausforderungen in Bezug auf die Versorgungssicherheit durch erneuerbare Energien weiterhin im Raum. Ein erfolgreichen Übergang setzt nicht nur technologischen Fortschritt, sondern auch breiteren gesellschaftlichen Konsens voraus.
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Ort | Taiwan, Land |
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