Hassrede an Schulen: Alarmierende Ergebnisse aus Brandenburg!

Senftenberg, Deutschland - Hassrede an Schulen und auf Schulhöfen ist ein drängendes gesellschaftliches Problem, das bislang nur unzureichend erforscht wurde. Das berichten die Wissenschaftler Ludwig Bilz und Julia Kansok-Dusche von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU), die jüngst die Ergebnisse einer umfassenden Befragung veröffentlichten. Im Rahmen einer Fachtagung, die am Dienstag online stattfand, präsentierten sie ihre Erkenntnisse Lehrern und Sozialarbeitern.

Im Mittelpunkt ihrer Forschung steht der Begriff der Hassrede, international bekannt als Hate Speech. Diese umfasst absichtliche Abwertungen gegenüber Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechts oder ihrer religiösen Überzeugung. Zwischen 2018 und 2023 befragten die Forscher rund 2.000 Schüler zu ihren Erfahrungen mit Hassrede im Schulkontext. Ein alarmierendes Resultat: Etwa 60 Prozent der Befragten gaben an, innerhalb eines Jahres Hassrede an ihrer Schule beobachtet zu haben, und rund 20 Prozent berichteten, dies sogar mehrmals pro Woche erlebt zu haben. 27 Prozent wurden innerhalb eines Jahres selbst Opfer von Hatespeech, wobei Mädchen hierbei häufiger betroffen sind als Jungen.

Verbreitung von Hassrede

„Wenn zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler so etwas in ihrem Alltag erleben, kann man schon sagen, dass es ein sehr verbreitetes Phänomen ist“, so Bilz. Die Schulen stehen damit vor der Herausforderung, effektiv auf solche Vorfälle zu reagieren. Lehrer müssen geschult werden, um mit diesen Situationen umzugehen, da ihre Reaktion als Vorbild für die Schüler fungiert. Es ist zudem bekannt, dass Hassrede dazu führen kann, dass Betroffene der Schule fernbleiben, was die gesellschaftliche Stabilität gefährdet.

Die Problematik der Hassrede wird durch die Erkenntnis verstärkt, dass zahlreiche Präventionsprogramme existieren, die jedoch bislang nicht auf ihre Wirksamkeit überprüft wurden. Die Forscher diskutierten, welche Programme in Abhängigkeit von der Art der Hassrede sinnvoll wären. Gerade in einem schulischen Umfeld, wo Konflikte zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppen auftreten, ist es entscheidend, geeignete Strategien zu entwickeln.

Hassrede als gesellschaftliches Phänomen

Zusätzlich betonen Experten wie Wilfried Schubarth und Sebastian Wachs von der Universität Potsdam, dass Hassrede nicht nur im Internet, sondern auch in der analogen Welt eine Bedrohung für das friedliche Zusammenleben darstellt. In ihrer Studie untersuchen sie, wie schools mit dieser Herausforderung umgehen. Sie zeigen auf, dass oft das Wissen oder die Kraft fehlt, um effektiv einzugreifen, da Lehrer durch den Schulalltag stark gefordert sind. Die Verbreitung von Hate Speech, die sich von Online-Diskussionen zum Schulhof verlagert hat, stellt eine neue Qualität dar, die nicht ignoriert werden kann.

Ein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht dies: Ein Kind, das neu in eine Klasse kommt und zuvor die Heimat verlassen musste, wird mit Vorurteilen konfrontiert, etwa mit Aussagen wie: „So jemanden wollen wir hier nicht.“ Solche Vorurteile können schnell in diskriminierenden Handlungen und sogar in Hassgruppen, wie rassistischen WhatsApp-Gruppen, münden. Die Expertise der Forscher ist gefragt, um solche Dynamiken zu verstehen und wirksam zu entgegnen.

Der „Trump-Effekt“ und gesellschaftliche Faktoren

Die Studien zu Hassrede zeigen auch Phänomene wie den „Trump-Effekt“, bei dem eine Zunahme von Hassäußerungen mit bestimmten politischen Entwicklungen verknüpft wird. Eine internationale Untersuchung hat ergeben, dass Jugendliche weltweit ähnliche Erfahrungen mit Hate Speech machen und dass soziale Netzwerke als Katalysatoren wirken. In Deutschland wie auch in anderen Ländern berichten die Jugendlichen von verstärktem Hass im Internet, was auch die schulische Kommunikation beeinflusst.

Gerade in Bildungseinrichtungen ist es wichtig, dass Konfliktpotenziale angesprochen werden. Zu oft werden unterrichtliche Themen, die mit dem politischen Klima zu tun haben, vermieden. Das betrifft auch den Umgang mit rechtsextremistischen Inhalten, die dringend thematisiert werden sollten. Lehrer könnten hier eine entscheidende Rolle spielen, um Schüler für Demokratiethemen zu sensibilisieren und Diskriminierung entgegenzuwirken.

Die umfassende Forschung wird durch qualitative Interviews mit Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern ergänzt. Ziel ist es, ein sozioökologisches Modell zu entwickeln, das es ermöglicht, die vielfältigen Einflussfaktoren auf Hassrede zu untersuchen und praxisnahe Lösungen zu finden. In den kommenden zwei Jahren sollen 2.000 Schüler befragt werden, um ein besseres Verständnis für die Dynamiken innerhalb von Schulen zu gewinnen und diesem wachsenden Problem wirksam zu begegnen.

Details
Vorfall Hassrede
Ort Senftenberg, Deutschland
Quellen