Kirchenrechtler warnt vor Schmerzensgeld: Missbrauchsopfern keine zivilrechtliche Chance
Die Auswirkungen der Entscheidung des Landgerichts Köln auf Missbrauchsopfer
Köln (ots)
Das Urteil des Landgerichts Köln im Fall des Missbrauchsopfers Melanie F. gegen das Erzbistum Köln hat Kirchenrechtler Thomas Schüller besorgt. Seiner Meinung nach könnte diese Entscheidung gravierende Auswirkungen für alle Missbrauchsopfer in Deutschland haben. Die Zivilkammer des Gerichts hat klargestellt, dass die Klage von Melanie F. auf Schmerzensgeld möglicherweise nicht erfolgreich sein wird. Der Täter, ein katholischer Geistlicher, beging die Missbrauchstaten nicht in Ausübung seines öffentlichen Amtes, sondern in einer genehmigten Nebentätigkeit.
Thomas Schüller betonte, dass Missbrauchsfälle oft nur möglich sind, wenn Priester ihr Seelsorgeamt ausnutzen, um ihre Opfer anzugreifen. Er bezeichnete es als „realitätsfern und abstoßend“, anzunehmen, dass ein Priester seine Opfer im dienstlichen Kontext rekrutieren könne, um sie dann privat zu missbrauchen. Opferanwalt Eberhard Luetjohann warnt davor, dass die Argumentation des Gerichts der Kirche einen „Freibrief“ ausstellen könnte und Priester somit tun könnten, was sie wollen, ohne Konsequenzen zu fürchten.
Luetjohann beabsichtigt, vor Gericht Stellung zu beziehen und einen weiteren Zeugen zu benennen, um die Beweislage zu stärken. Aufgrund der schwierigen Beweissituation und fehlender Beweise für den Aufenthalt des Opfers beim Täter im Priesterseminar sowie unbeobachteter Beichten des Opfers beim Täter, fordert Luetjohann eine Umkehr der Beweislast. Er ist überzeugt, dass dieser Fall noch lange nicht abgeschlossen ist und weiterer Aufklärung bedarf. Die Rechte der Opfer müssen gewahrt und Täter zur Verantwortung gezogen werden, betonte der Anwalt.
Die Entscheidung des Landgerichts Köln hat eine Debatte über den Schutz von Missbrauchsopfern in der Kirche entfacht. Es steht viel auf dem Spiel, da viele Opfer durch diese Entscheidung möglicherweise keine Gerechtigkeit erfahren werden. Die Bemühungen der Zivilgesellschaft und Rechtsexperten sind notwendig, um sicherzustellen, dass Opfer von sexuellem Missbrauch angemessen unterstützt und Täter zur Rechenschaft gezogen werden.