Proteste in Tel Aviv: Tausende fordern Geiseln und kritisieren Netanjahu
Tel Aviv, Israel - Tausende Israelis haben sich am gestrigen Tag vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv versammelt, um für die Freilassung der in Gaza festgehaltenen Geiseln zu demonstrieren. Die Protestaktion fand parallel zu den Maßnahmen von Premierminister Benjamin Netanjahu statt, der die Mobilisierung von bis zu 60.000 Reservisten genehmigte. Dies deutet auf eine mögliche Intensivierung der militärischen Operationen im Gazastreifen hin. Ein Demonstrant hielt ein Plakat mit der Aufschrift: „Unser Tyrann ist ein Lügner, wegen ihm brennt der Staat“, was die Wut vieler Bürger über die gegenwärtige Situation widerspiegelt.
Regierungsvertreter behaupten, dass eine erweiterte Militäroffensive dazu führen könnte, dass Hamas die noch 59 verbleibenden Geiseln freilässt. Kritiker hingegen warnen, dass dies das Leben der Geiseln weiter gefährden könnte. Ein Ende des vorübergehenden Waffenstillstands führte bislang nicht zu weiteren Freilassungen. In einem umstrittenen Video, das von Hamas veröffentlicht wurde, ist einer der Geiseln, Maxim Herkin, zu sehen, wie er von Hamas-Mitgliedern gerettet wird, nachdem ein israelischer Angriff einen Tunnel getroffen hat. Die Familien der Geiseln äußerten ihre „qualvolle Angst“ über die geplante Eskalation der Regierung und verurteilten die militärische Offensive als rücksichtslos.
Wachsende Proteste und gesellschaftliche Spaltung
Die Proteste am Sonntag waren die größte Unterstützung für einen Geiselnahme-Deal seit dem 7. Oktober, als Hamas-Militante 250 Menschen entführten. Sechs Geiseln wurden kürzlich von ihren Entführern getötet, während israelische Truppen sich ihrem Standort näherten, wodurch der Druck auf Netanjahu weiter zunahm. Berichten zufolge machen viele Israelis den Ministerpräsidenten für die steigende Zahl der toten Geiseln verantwortlich und fordern einen Waffenstillstand, um die verbleibenden etwa 100 Geiseln zu befreien.
Politikwissenschaftler warnen jedoch, dass ohne breitere gesellschaftliche Proteste Netanjahu möglicherweise nicht unter Druck gesetzt wird, seine Verhandlungsposition zu ändern. Während liberalere Städte wie Tel Aviv an den Protesten teilnehmen, bleibt die Unterstützung in konservativeren Städten gering. Die Gewerkschaft Histadrut hatte einen Generalstreik ausgerufen, der jedoch von einem Arbeitsgericht nach wenigen Stunden untersagt wurde. Der Streik wurde als politisch motiviert eingestuft, was die tiefen politischen Spaltungen innerhalb Israels unterstreicht.
Kritik an Netanjahus Kurs
Netanjahu sieht sich zunehmender Kritik aus dem In- und Ausland ausgesetzt. US-Präsident Joe Biden hat ihn öffentlich kritisiert und gesagt, dass er nicht genug tue, um einen Deal auszuhandeln. Kritiker werfen Netanjahu vor, seine politische Überlebensfähigkeit über das Schicksal der Geiseln zu stellen, während er sich auf die Unterstützung ultranationalistischer Parteien stützt, die gegen einen Waffenstillstand sind. Diese Parteien drohen, die Regierung zu stürzen, falls er zustimmt.
In dieser angespannten Lage bleibt die Hoffnung unter den Angehörigen der geiselnahmebetroffenen Familien, dass die Proteste einen Wendepunkt im Krieg darstellen könnten. Staatspräsident Jitzchak Herzog entschuldigte sich im Namen des Staates Israel bei den Angehörigen der Geiseln und betont die Bedeutung, die gemeinsamen Werte der Gesellschaft zu wahren.
Am Montag wurde der internationale Flughafen Ben Gurion für zwei Stunden geschlossen, was die Eskalation der Proteste nochmals verdeutlicht. Weitere Proteste sind für Dienstag angekündigt, während das Land weiterhin auf eine Lösung in dieser kritischen Situation wartet.
Für mehr Informationen zu den laufenden Entwicklungen besuchen Sie bitte: Al Jazeera, AP News und Die Zeit.
Details | |
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Vorfall | Protest |
Ursache | Ermordung von Geiseln |
Ort | Tel Aviv, Israel |
Quellen |