Dünne Luft: Corona und die Folgen für Leistungssportler

Hee-Chan Hwang ist im deutschen Profisport kein Einzelfall. In allen professionellen Ligen und Sportarten sind Spieler oder Trainer wiederholt mit dem Corona-Virus infiziert. Wolfsburgs Innenverteidiger Marin Pongracic musste beim 2: 2-Unentschieden gegen Union Berlin zur Halbzeit durch Atemnot ersetzt werden. Zuletzt machte der Eishockeyspieler Janik Möser vom Grizzlys Wolfsburg auf sich aufmerksam. Der 25-Jährige fühlte sich nach seiner Genesung von Covid wieder fit. Eine Herz-MRT zeigte jedoch Anomalien und stellte fest, dass Möser eine Myokarditis hatte.
Eine sehr bedrohliche Situation, in der das Virus den Herzmuskel angreift. Eine Konsequenz: Das Herz kann nicht mehr stark genug schlagen. Es besteht das Risiko einer langfristigen Herzmuskelschwäche bis zum Herzstillstand.
Ein solcher Fall ist außergewöhnlich, sagt Professor Dr. Bernd Wolfarth. Er forscht an der Berliner Charité und am Leipziger Institut für Angewandte Trainingswissenschaften über die Folgen einer Koronainfektion für Leistungssportler. Müssen wir in Zukunft mit den langfristigen Folgen von Corona im Sport rechnen? „Wir wissen es noch nicht“, sagt Wolfarth. Der Forschungsstand ist nach wie vor unbefriedigend – auch weil die Krankheit einfach zu kurz bekannt ist. Der Sportmediziner ist daher Teil einer deutschlandweiten Forschungsgruppe, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Auswirkungen des Virus auf Leistungssportler zu untersuchen. Allein in Leipzig hat Wolfarth bereits 22 Athleten nach ihrer Covid-Infektion untersucht. Ziel des Forschungsnetzwerks ist es, möglichst viele Fälle zu sammeln und verlässliche Daten zu erhalten.
„Die Mehrheit der Athleten hatte einen milden Kurs. Nur wenige Sportler leiden an der Krankheit mit stärkeren Symptomen “, fasst Wolfarth sein bisheriges Wissen zusammen. Da jedoch bestimmte Folgeschäden auch bei Profisportlern nicht ausgeschlossen werden können, haben der Arzt und zahlreiche Kollegen ein Handout für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) vorbereitet. „Wir empfehlen dringend, dass jeder Leistungssportler nach einer Koronakrankheit umfangreiche Untersuchungen durchführt.“
Seit seiner Krankheit hat Hwang nun neun Spiele verpasst und war, abgesehen von Mainz, gegen Borussia Dortmund erneut 19 Minuten auf dem Feld. Sein Trainer geht die Angelegenheit mit größter Vorsicht an. Nagelsmann möchte, dass sich sein Spieler Schritt für Schritt an die hohe Geschwindigkeit in der Bundesliga gewöhnt.
Auch der Handball-Bundesliga-Verein SC DHfK Leipzig hat aus den Krankheiten seiner Mannschaft Schlussfolgerungen gezogen. Ende Oktober wurde nur Trainer Andre Haber mit Corona infiziert, kurz darauf wurden neun weitere Spieler im Kader gefasst. Das gesamte Team ging für zwei Wochen in Quarantäne, die beiden Begegnungen gegen Essen und Balingen mussten verschoben werden. Die Handballspieler hatten jedoch Glück im Elend. Alle Kranken hatten einen schwachen Krankheitsverlauf. Der linke Flügelspieler Marc Esche (22) gehörte im November zum Corona-Krankenhaus der DHfK. Er fühlt sich jetzt wieder so fit wie vor seiner Koronakrankheit. Das liegt aber auch daran, dass er in den letzten Wochen viel in Vorbereitung gelaufen ist. Er fühlt sich beim DHfK in guten Händen. „Der Verein geht immer sehr genau auf längere Krankheiten ein – auch wenn es nicht Corona ist.“
Wie genau hat Trainer Haber dem SPORT-BUZZER erklärt? „Als sich die betroffenen Spieler erholten, sagten wir: Hör auf. Niemand darf auf den Teller gehen, niemand darf Sport treiben, bevor eine Herz-MRT und Stress-Ergometrie durchgeführt wurden. „Diese Ergebnisse wurden mit den Werten zu Beginn der Saison verglichen und auf Unregelmäßigkeiten überprüft. So kam es, dass Kristian Saeveras vorerst von den Ärzten verboten wurde. „Die Ärzte sagten mir, dass er nicht einmal an der Fahrradergometrie teilnehmen durfte, weil ihnen das, was sie während der MRT sahen, nicht gefiel.“ In der Zwischenzeit wurden alle ehemals infizierten Spieler der Bundesliga-Mannschaft freigelassen. Aber der Verein hat jetzt Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Alle Spieler werden regelmäßig überprüft, um genaue Werte über ihre aktuelle Gesundheit zu erhalten, sagt Trainer Haber.
Der Arzt Wolfarth möchte so schnell wie möglich verlässliche Daten aus seinen Studien erhalten. Den Vereinen und Athleten sind wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen zu geben. Zum Beispiel, wenn die Athleten zum Training oder zu Wettkämpfen zurückkehren können. Wohlfarth rät auch Amateursportlern, mit den Folgen einer Koronakrankheit vorsichtig umzugehen. Wer schwerwiegendere Symptome hatte und wieder Sport treiben möchte, sollte dies vorher mit seinem Hausarzt besprechen und im Notfall Lungenärzte und Kardiologen konsultieren. „Weil Sicherheit an erster Stelle steht.“
Mit Tilman Kortenhaus
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