Mantra der Transparenz? Torgauer Stadtvertreter debattieren Geheimnisvoll über Nordwest-Lösungen

Sollte die Debatte um Nordwest öffentlich stattfinden?
Torgau. Transparenz, immer wieder Transparenz: Es gibt wohl kaum ein Wort, das im Wahlkampf von allen Parteien so wie ein Mantra bemüht wird wie dieses. Und nun das: Ausgerechnet beim Aufreger-Thema Nordwest möchten die Torgauer Stadtvertreter unter sich debattieren.
Warum eigentlich? Alle waren sich einig, dass Bürger einschließlich Medienvertretern draußen vor der Tür bleiben sollen – doch eine Begründung nannte kein einziger Stadtrat. Dabei hätten die Anwesenden das schon gern gewusst: Was spricht denn dagegen, dass die Wähler erfahren, was die von ihnen entsandten Volksvertreter für Nordwest vorschlagen?
„Sitzungen sind öffentlich“
Es gilt das Prinzip, dass Gemeinde- und Stadträte sowie Landes- und Bundesparlamente öffentlich tagen. In der Torgauer Geschäftsordnung für den Stadtrat heißt es unter Paragraf 11: „Die Sitzungen des Stadtrates sind öffentlich, sofern nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner eine nicht öffentliche Verhandlung erfordern.“ Das ist zum Beispiel der Fall, wenn es um Personalentscheidungen, Grundstücksangelegenheiten oder das Bewerten von Ausschreibungsunterlagen geht.
Nichts davon ist beim Thema Nordwest erkennbar. Es geht um Probleme, die seit Jahren sattsam bekannt sind. Und auch die Lösungsansätze, die im Raum stehen, sind nicht neu. Schließlich: Es geht hier eben nicht um private, schützenswerte Angelegenheiten, sondern um weithin sicht- und hörbare Probleme wie Lärm und Müll, um ein Milieu der Verwahrlosung, um (Jugend-)Kriminalität und soziale Probleme wie Alkohol- und Drogenmissbrauch.
Ohne Scheuklappen und ohne Hetze
Diese Probleme zu beschreiben sollte man nicht einzelnen Parteien oder Boulevard-Blättern überlassen (eine der unsäglichen Schlagzeilen zu Torgau Nordwest vom April diesen Jahres: „Angst vor Kinderbanden aus Südosteuropa: In diesem ,Balkan-Block’ in Sachsen gibt es immer Ärger“). Es ist wichtig, alle Missstände endlich ohne Scheuklappen, aber auch ohne menschenverachtende Hetze anzupacken. Möglichkeiten gäbe es ja: Wir haben Jugendämter, Ordnungsämter, Gesundheitsämter, wir haben funktionierende Sicherheitsbehörden und vor allem haben wir brauchbare Gesetze. Es muss sich nur jemand finden, sie anzuwenden.
Es wäre für die Wähler von großem Interesse zu erfahren, welche Lösungsvorschläge die einzelnen Fraktionen für Nordwest unterbreiten. Wenn es Gründe gibt, das nicht öffentlich zu tun, hätten diese jetzt auf den Tisch gehört. Den Wählern einfach nur zu sagen: „Ihr müsst jetzt draußen bleiben“, das geht gar nicht. Die Zeit der „Geheimräte“ ist glücklicherweise vorbei – und sollte in Torgau nicht wiederbelebt werden.
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