Die ungesprochenen Schrecken: Vergewaltigungen im Nachkriegsdeutschland

Freudenstadt, Deutschland - Im April 1945 überquerten Soldaten der 1. französischen Armee unter General Jean de Lattre de Tassigny den Rhein, was gleichzeitig mit einer Welle von Vergewaltigungen einherging. Für viele deutsche Frauen bedeutete dies keine Befreiung, sondern eine neue Form des Schreckens. Historiker haben dokumentiert, dass insbesondere Angehörige der Westalliierten, vor allem Franzosen und Amerikaner, für zahlreiche sexuelle Übergriffe verantwortlich gemacht wurden. General de Lattre de Tassigny erteilte am 5. April 1945 den Befehl, einen „natürlichen Hass“ gegen den Feind nicht zurückzuhalten, was sich verheerend auf die Zivilbevölkerung auswirkte.

Die Verbrechen, die während dieses Vorstoßes begangen wurden, sind nicht nur historisch, sondern auch tiefgreifend emotional und menschlich. Historiker Heinz Nawratil beschreibt insbesondere die Gräueltaten in Südwestdeutschland, die während des Einmarsches französischer Truppen stattfanden. Von den 15. bis 17. April 1945 kam es in Freudenstadt zu massiven Übergriffen durch französische Soldaten, die die Stadt fast vollständig zerstörten. Ein Augenzeugenbericht dokumentiert drei Tage voller Mord, Plünderung und Vergewaltigung, wobei etwa 800 Frauen ärztliche Hilfe suchten.

Umfang und Folgen sexueller Gewalt

Die Auswirkungen der sexuellen Gewalt sind schwer zu fassen. Historische Studien belegen die Dimensionen der Gräueltaten, mit Berichten über bis zu 1.200 vergewaltigte Frauen im Stuttgarter Raum. In Konstanz wurden 400 sexuelle Übergriffe gezählt, während in Freudenstadt die Zahl auf 500 geschätzt wird. Diese Übergriffe sind Teil eines größeren Musters, das während des Zweiten Weltkriegs Millionen Frauen betraf. Historikerin Miriam Gebhardt schätzt, dass insgesamt etwa 860.000 deutsche Frauen zwischen 1944 und 1955 Opfer von Vergewaltigungen wurden. Allein von US-Soldaten sollen schätzungsweise 190.000 Übergriffe verübt worden sein.

Die internationale Dimension der sexuellen Gewalt während des Krieges ist ebenfalls alarmierend. Frauen und Mädchen aus den besetzten Ländern, darunter die Sowjetunion, Polen, Frankreich und andere, erlitten ähnliche Schicksale. Frauen wurden sowohl während ihrer Flucht als auch unter Besatzung vergewaltigt. Details hierzu sind in Berichten von Angehörigen, Nachbarn und Soldaten dokumentiert, doch die exakte Zahl der Betroffenen bleibt unbeweisbar.

Vertuschung und gesellschaftliches Schweigen

Die Reaktionen auf diese Gräueltaten waren oft von Ignoranz und Verdrängung geprägt. US-Senator James O. Eastland äußerte im Juni 1945 seine Besorgnis über die Berichte zu Massenvergewaltigungen durch französische Soldaten, was auf eine Vertuschung durch die US-Armeeführung hindeutet. Es gibt kaum Gedenkstätten für die Opfer in Deutschland, und die Erlebnisse der Frauen fanden in der Nachkriegsgesellschaft wenig Beachtung. Überlebende hatten kaum Möglichkeiten, ihre traumatischen Erlebnisse zu teilen, und wurden oft von der Gesellschaft nicht anerkannt oder unterstützt.

Schließlich zeigen feministische Debatten und neuere Filme in den letzten Jahrzehnten, dass diese Themen, auch in der Geschichtsschreibung, lange Zeit als Tabu behandelt wurden. In der Westdeutschen und in der DDR-Geschichtsschreibung wurde die Thematik unterschiedlich betrachtet, jedoch blieb das Ausmaß der sexuellen Gewalt und das Leid der betroffenen Frauen häufig im Schatten eines weitgehend ignoranten und vorurteilsbeladenen Diskurses.

Sexuelle Gewalt im Zweiten Weltkrieg war nicht auf eine Front oder ein Land beschränkt. Es handelte sich um ein weitreichendes Phänomen, das unzähligen Frauen und Mädchen das Leben zur Hölle machte und über das auch viele Jahre nach dem Krieg nicht ausreichend gesprochen wurde. Das gesellschaftliche Schweigen ist ein weiteres Verbrechen an den Opfern dieser historischen Tragödie.

Für weitere Informationen und Einsichten in die Thematik verweisen wir auf die Berichte von Compact-Online, medicamondiale sowie die Zusammenfassungen der einschlägigen Literatur auf Wikipedia.

Details
Vorfall Vergewaltigung
Ort Freudenstadt, Deutschland
Verletzte 800
Quellen