Gießen erinnert: DDR-Flüchtlinge und ihre Kampf um Freiheit!

Die Gedenkstätte Notaufnahmelager Gießen erinnert an DDR-Flüchtlinge und deren Schicksale zwischen 1950 und 1990.

Die Gedenkstätte Notaufnahmelager Gießen erinnert an DDR-Flüchtlinge und deren Schicksale zwischen 1950 und 1990.
Die Gedenkstätte Notaufnahmelager Gießen erinnert an DDR-Flüchtlinge und deren Schicksale zwischen 1950 und 1990.

Gießen erinnert: DDR-Flüchtlinge und ihre Kampf um Freiheit!

In einer Zeitspanne von 40 Jahren war das Notaufnahmelager Gießen ein wichtiger Anlaufpunkt für jeden vierten DDR-Flüchtling. Aktuell wird dieser Ort mit einer Gedenkstätte gewürdigt, die an die schweren Schicksale vieler Menschen erinnert. Henry Bäz und seine Frau Doris haben kürzlich die Gedenkstätte besucht. Bäz, der 1977 aus der DDR floh, schilderte seine Flucht als einen mutigen Schritt in die Freiheit, der jedoch nicht ohne Konsequenzen für seine Familie blieb. Sein Vater verlor sein Mandat im Bezirksparlament, und seine Schwester musste mit einer Degradierung leben. Trotz all der Schwierigkeiten hat Bäz seine Entscheidung nie bereut. Es dauerte Jahre, bis er seine Familie wiedersehen konnte. Das ZDF berichtet, dass er und andere heute noch Hilfsanfragen einreichen, um Menschen zu finden, die damals im Lager waren.

Das Notaufnahmelager Gießen, welches zwischen 1950 und 1990 von schätzungsweise 900.000 Personen passiert wurde, war nicht nur ein Transitort für Flüchtlinge. Vor dem Bau der Berliner Mauer war das Lager überfüllt, nach dem Mauerbau sank die Zahl der Ankommenden dramatisch. In seinen besten Zeiten bot das Lager Platz für 800 Betten, bei einer Belegung von nur 10 Prozent nach 1961. Die DDR-Staatssicherheit hielt das Lager ständig im Blick; Spione wurden eingesetzt, um Informationen über die Flüchtlinge zu sammeln.

Historische Relevanz und pädagogische Perspektiven

Die Gedenkstätte soll nicht nur an die Flucht erinnern, sondern auch Wissen über die Geschichte der DDR und die Notaufnahmelager vermitteln. Daher wurde eine erste Fortbildung für Lehrkräfte organisiert, die am 24. März 2025 stattfindet. Dabei wird es um die Konzeption der Dauerausstellung über die DDR gehen, die auch die Aufarbeitung der SED-Diktatur sowie die Schicksale von Asylsuchenden thematisiert. Die Fortbildung bietet verschiedene Workshops und ist auf die Bedürfnisse von Grundschulen bis hin zu Berufsschulen ausgelegt. Lehrer können sich über die Lehrkräfteakademie Hessen anmelden und damit einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur leisten.

Die Massenflucht aus der DDR geschah nicht ohne Grund. Etliche Menschen flüchteten aus politischen Gründen und aufgrund unhaltbarer Lebensbedingungen. Zwischen 1949 und 1990 wagten rund 4,5 Millionen Menschen den Schritt in den Westen, was die SED-Diktatur enorm belastete. Allein bis zum Bau der Berliner Mauer 1961 hatte die DDR ein Sechstel ihrer Bevölkerung verloren. Diese Auswanderungswelle führte zur Verschärfung der Grenzkontrollen und zur Kriminalisierung der Republikflucht. Laut Zeitzeugen Memorial war die Flucht mit erheblichen Risiken verbunden. Über 200 Menschen starben an der innerdeutschen Grenze, viele kamen bei ihrem Fluchtversuch ums Leben.

Die Gedenkstätte Gießen ist also mehr als nur ein Erinnerungsort. Sie bietet die Möglichkeit, die komplexe Geschichte der Flucht aus der DDR zu verstehen, und beschert uns die Chance, aus vergangenen Fehlern zu lernen. In einer Zeit, in der das Thema Migration wieder hochaktuell ist, macht es Sinn, einen Blick zurückzuwerfen. Die Geschichten der Menschen, wie die von Henry Bäz, sind Mahnmale an den Drang nach Freiheit und den Preis, den viele dafür zahlen mussten.

Für weitere Informationen zur Gedenkstätte und zu bevorstehenden Veranstaltungen kann die Webseite des Hessischen Landeszentrums besucht werden.