Rechtsextreme Vorfälle an Schulen steigen alarmierend – Was tun?

Im Werra-Meißner-Kreis stiegen 2024/25 die rechtsextremen Vorfälle an Schulen. Experten sehen soziale Medien als Mitursache.

Im Werra-Meißner-Kreis stiegen 2024/25 die rechtsextremen Vorfälle an Schulen. Experten sehen soziale Medien als Mitursache.
Im Werra-Meißner-Kreis stiegen 2024/25 die rechtsextremen Vorfälle an Schulen. Experten sehen soziale Medien als Mitursache.

Rechtsextreme Vorfälle an Schulen steigen alarmierend – Was tun?

In Deutschland sind die Zeichen auf Sturm, besonders in Schulen und Gedenkstätten. In den Jahren 2024 und 2025 wurden an hessische Schulämter mehr rechtsextreme Vorfälle gemeldet als je zuvor. Im Werra-Meißner-Kreis sind in dieser Zeit acht solcher Fälle registriert worden, während es im benachbarten Kreis Hersfeld-Rotenburg sogar elf Vorfälle waren. Der Fachberater für politische Bildung am staatlichen Schulamt in Bebra, Karsten Vollmar, bestätigt den Anstieg und betont, dass die Dunkelziffer zwar noch vergleichsweise niedrig erscheine, es jedoch dringend notwendig sei, den Blick für dieses Thema zu schärfen. Besondere Aufmerksamkeit gilt den weiterführenden Schulen, in denen häufig verfassungsfeindliche Symbole wie Hakenkreuze oder SS-Runen zu sehen sind.

Vor allem Schmähgesänge, die aus bekannten Songs umgemünzt werden, sind alarmierend. Ein Beispiel ist eine umgeschriebene Zeile des Hits „L’amours toujours“ von Gigi D’Agostino, die zu der Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ wurde. Videos solcher Vorfälle heben die Problematik hervor, wie kürzlich ein Clip von feiernden Menschen auf Sylt, der im medialen Rampenlicht stand. Im Umgang mit solchen Fällen kontaktiert Vollmar zunächst das Polizeipräsidium zur strafrechtlichen Bewertung. Bei bekannten Tätern wird eine Strafanzeige erstattet, bei unbekannten wird gegen Unbekannt ermittelt. Das hessische Kultusministerium wird über alle Vorfälle informiert, dank eines Erlasses aus 2018, der die sofortige Meldung antisemitischer Vorfälle an Schulen fordert.

Gesellschaftliche Probleme im Fokus

Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen tragen laut Vollmar zu diesem Anstieg bei. Der Einfluss von sozialen Medien ist nicht zu unterschätzen. Diese Plattformen dienen oft als Nährboden für extremistisches Gedankengut und verstärken die Verbreitung solch bedenklicher Inhalte. Die pädagogische Aufarbeitung nach den Vorfällen lässt sich gut mit zusätzlichen Unterrichtseinheiten und externen Beratungsangeboten realisieren. Zudem haben Lehrer die Möglichkeit, sich regelmäßig zu dem Thema Rechtsextremismus fortzubilden. Damit wird versucht, die Angriffe auf die Werte unserer Gesellschaft an der Wurzel zu packen.

Doch die Problematik ist nicht auf Schulen beschränkt. KZ-Gedenkstätten in ganz Deutschland sehen sich ebenfalls einer besorgniserregenden Entwicklung gegenüber: Vandalismus, Schmierereien und feindliche Äußerungen nehmen zu. Nahezu wöchentlich werden in diesen Einrichtungen solche Vorfälle zur Anzeige gebracht. Betroffene Gedenkstätten wie Dachau und Buchenwald berichten von einem deutlichen Anstieg der Fälle. Clara Mansfeld, Sprecherin der Stiftung Hamburger Gedenkstätten, bezeichnet die Lage als alarmierend. Der stellvertretende Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald, Rikola-Gunnar Lüttgenau, hebt hervor, dass angreifende Äußerungen in den digitalen Raum verlagert werden, was nicht zuletzt die Komplexität der Problematik erhöht.

Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ansteigend

Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung dokumentiert zudem eine steigende Akzeptanz von rechtsextremen und demokratiefeindlichen Einstellungen in der deutschen Bevölkerung. Der Anteil der Menschen mit klar rechtsextremer Orientierung hat sich auf etwa acht Prozent verdreifacht. Auch die Zahlen rechtsextremistischer Straftaten sprechen eine klare Sprache: Im Jahr 2024 wurden 37.835 solcher Taten verzeichnet, was einem Anstieg von 47,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Körperverletzungsdelikte mit fremdenfeindlichem Hintergrund zeigen ebenfalls einen besorgniserregenden Trend. Die Zunahme solcher Gewalttaten und die verstärkte Fokussierung auf Themen wie Asyl und Migration zeigen, dass die Zeit für eine klare Haltung gegen diese Strömungen gekommen ist. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, appelliert an die politische Mitte, ein Umdenken einzuleiten und eine „Politik der Mäßigung“ zu verfolgen. Die Lage erfordert hochgradige Sensibilität und ein gemeinsames Handeln – mehr denn je.

Wenn in diesem Bereich kein Umdenken erfolgt, steht es schlecht um unsere gesellschaftlichen Werte. Jeder Einzelne ist gefordert, ob in Schulen, im Alltag oder in der digitalen Welt, ein Zeichen für Menschlichkeit und Toleranz zu setzen.