Fundamentalismus gefährdet Kinder: Therapie oder Dogma?

Im Ennepe-Ruhr-Kreis sorgt der Fall eines Vaters, der Impfungen ablehnt, für Diskussionen über religiösen Fundamentalismus und Gesundheitsschutz.

Im Ennepe-Ruhr-Kreis sorgt der Fall eines Vaters, der Impfungen ablehnt, für Diskussionen über religiösen Fundamentalismus und Gesundheitsschutz.
Im Ennepe-Ruhr-Kreis sorgt der Fall eines Vaters, der Impfungen ablehnt, für Diskussionen über religiösen Fundamentalismus und Gesundheitsschutz.

Fundamentalismus gefährdet Kinder: Therapie oder Dogma?

In Deutschland sorgt ein skandalöser Fall aus Mönchengladbach derzeit für großes Aufsehen. Ein Vater weigerte sich, seinen Sohn zur Schule anzumelden, um dessen Impfung zu verhindern. Laut WDR zeigt dieser Vorfall die überaus fanatische Haltung des Vaters gegenüber der modernen Medizin. Er verzichtete nicht nur auf die Einschulung seines Kindes, sondern auch auf alle ärztlichen Untersuchungen seiner Kinder. Diese extremen Ansichten sind tief verwurzelt in seinem Glauben und den Überzeugungen einer fundamentalistischen Gemeinschaft, die sich der bestehenden Gesellschaft gegenüber abgrenzt.

Der Vater glaubt offenbar, dass sein Glaube ihn und seine Familie vor Krankheiten und anderen Übeln schützt. Seine Vorstellungswelt beschreibt das Gericht als eine Mischung aus religiösen Inhalten, umweltbezogenen Ängsten und Verschwörungstheorien. Vor allem während der Corona-Pandemie hielt sich die Familie nicht an die vorgegebenen Maßnahmen – Zusammenkünfte, Singen und Beten sind für Fundamentalisten essentiell und stehen oft über den staatlichen Regelungen.

Der Pfad zur Tugend

Für viele Mitglieder dieser Gemeinschaft, wie der Vater, ist die liberale Entwicklung der Gesellschaft gleichbedeutend mit einem Verfall der Werte. Krisen werden als Zeichen einer nahenden Apokalypse gedeutet. Sie sehen sich auf einem Weg der Tugend, der sie ins Paradies führen soll, und lehnen jeglichen Einfluss von außen rigoros ab. Das zeigt sich auch bei den Protesten gegen Impfpflicht in anderen Teilen der Welt, wie in New York, wo Tausende unter dem Motto „Stand with Kyrie“ auf die Straße gingen. Diese Demonstrationen werden von Personen organisiert, die das Recht auf religiöse Freiheit als ihr wichtigstes Argument nutzen, was in starkem Kontrast zu den wissenschaftlichen Fakten bezüglich Impfungen steht.

In den USA ist der Druck auf religiöse Institutionen gewachsen, ihren Mitgliedern zu unterstützen, die sich gegen Impfungen stemmen. Deutschlandfunk Kultur berichtet darüber, wie Reverend Kevin McCall von der „Anointed by God“-Kirche seinen Anhängern mit religiösen Ausnahmebescheinigungen hilft, um sich von der Impfpflicht zu befreien. In ähnlicher Weise bietet Co-Pastor William Devlin der „Infinity Bible Church“ auch solchen Personen Bescheinigungen an, die nicht religiös sind, aber dennoch die gleichen Bedenken äußern.

Die Debatte um Freiheit und Gesundheit

Die Argumentation der Impfgegner wird dabei durch verzerrte wissenschaftliche Fakten unterstützt, die behaupten, dass mRNA-Impfstoffe mit Zellen von abgetriebenen Föten entwickelt wurden. Dies stellt die gesellschaftliche Debatte über den Spannungsbogen zwischen individueller Glaubensfreiheit und dem staatlichen Schutz der Gesundheit auf die Probe. Während der Papst sich klar für das Impfen ausspricht und es als einen Akt der Nächstenliebe betrachtet, bleibt die Reaktion der verschiedenen religiösen Gruppen gemischt. Die rechtlichen Aspekte dieser Thematik werden derzeit weiter diskutiert, und mögliche Entscheidungen des höchsten Gerichtshofs könnten weitreichende Auswirkungen auf die gesellschaftliche und gesundheitspolitische Landschaft mit sich bringen.

In Anbetracht der Tragweite solcher Fälle und der damit verbundenen Herausforderungen ist es mehr als offensichtlich, dass hier ein dringender Gesprächsbedarf besteht. Die Balance zwischen individuellen Überzeugungen und dem Schutz der Allgemeinheit bleibt eine sehr heikle Angelegenheit, die mit Bedacht und Sensibilität behandelt werden muss.