Skandal um Wilhelm Ehmer: Der umstrittene Lüdenscheider Verleger!

Skandal um Wilhelm Ehmer: Der umstrittene Lüdenscheider Verleger!
Am 25. Juni um 18 Uhr steht im Kulturhaus Lüdenscheid eine spannende Veranstaltung an. Dr. Dietmar Simon, Schriftleiter des „Reidemeister“, wird über das facettenreiche Leben von Wilhelm Ehmer referieren. Unter dem Titel „Die drei Leben des Wilhelm Ehmer“ beleuchtet er die Geschichte einer der umstrittensten Persönlichkeiten in der Stadtgeschichte von Lüdenscheid.
Wilhelm Ehmer (1896–1976) war nicht nur Chefredakteur und Verleger der größten Tageszeitung in Lüdenscheid, sondern prägte die Stadt über fünf Jahrzehnte hinweg. Seine Karriere überschritt die markanten historischen Epochenschwellen von 1933, dem Jahr der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, und 1945, dem Ende des Zweiten Weltkriegs, scheinbar bruchlos. Unter den Nationalsozialisten erlangte er überregionale Bekanntheit durch literarische Werke, die während dieser düsteren Zeit veröffentlicht wurden, was die Komplexität seiner Biografie verdeutlicht. Lokaldirekt berichtet, dass Dr. Simon die Entnazifizierungsakte Ehmers im Rahmen des Vortrags genauer unter die Lupe nehmen wird.
Ein Leben voller Widersprüche
Ehmers Kindheit verbrachte er in Hongkong, bevor sein Weg ihn über Hamburg führte. Nach dem Ersten Weltkrieg diente er ab 1939 als Presseoffizier in verschiedenen Ländern und verfasste während des Krieges Schriften, die heute als widerwärtig gelten. Besonders hervorzuheben ist ein Artikel aus dem Jahr 1943 im Völkischen Beobachter, in dem er den Kriegstod als notwendig darstellte. Bei einem Bombenangriff 1943 verlor Ehmer seinen rechten Arm, während seine Söhne im Krieg fielen. Trotz dieser persönlichen Tragödien bekannte er sich nach dem Krieg zur westdeutschen Nachkriegsordnung und war aktiv am Wiederaufbau des Verlags in Lüdenscheid beteiligt.
1949 erlebte die bürgerliche Presse in Lüdenscheid eine Wiederbelebung unter Ehmers Regie. Er war nicht nur Mitgründer des Kuratoriums Unteilbares Deutschland, sondern hatte auch verschiedene Ämter in westdeutschen Presseverbänden inne. Besonders bemerkenswert ist, dass die Familie Ehmer die Lüdenscheider Nachrichten bis in die späten 80er Jahre führte.
Entnazifizierung: Ein schmerzhafter Prozess
Die Entnazifizierung war ein zentrales Thema in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Etwa 8,5 Millionen Deutsche waren damals Mitglieder der NSDAP. Um die Gesellschaft zu säubern, beschloss man die Entnazifizierung, die im Frühjahr 1945 begann, lange bevor alle Ausführungsbestimmungen erlassen wurden. Wie bpb erläutert, führten die Alliierten dazu anfänglich keine einheitlichen Maßnahmen durch, und die Entnazifizierung wurde in den verschiedenen Besatzungszonen unterschiedlich gehandhabt. In der sowjetischen Zone wurde sie am konsequentesten durchgeführt, wogegen die US-Zone eine weniger rigorose Herangehensweise verfolgte.
Der britische Historiker Frederick Taylor beschreibt in seinem Buch „Zwischen Krieg und Frieden“ die Herausforderungen und Ungerechtigkeiten bei der Entnazifizierung: Die amerikanischen und russischen Besatzungsmächte waren anfangs strengen Maßnahmen orientiert, mussten sich jedoch bald den Schwierigkeiten innerhalb Deutschlands stellen. In einem kritischen Kapitel thematisiert Taylor die Probleme, mit denen die Entnazifizierung zu kämpfen hatte. Er betont, dass es eine bessere Regelung für diesen Prozess hätte geben können, jedoch gelang es den Alliierten dennoch, einen gewissen Grad an Entnazifizierung zu erreichen, auch wenn diese oft ins Stocken geriet. Welt zeigt auf, dass die letztendliche Versöhnungspolitik die Übernahme von NSDAP-Mitgliedern in Ämter begünstigte.
In der aktuellen Debatte um historische Verantwortung und Verarbeitung des Nationalsozialismus zeigt sich, dass Ehmers Leben und die Veranstaltungen, die sich mit solchen Themen auseinandersetzen, von großer Bedeutung sind. Sie laden dazu ein, nicht nur die komplexen Biografien einzelner Personen zu betrachten, sondern auch die gesamtgesellschaftlichen Prozesse, die die Nachkriegsordnung prägten.