Biedermeier-Blick: Theater Lübeck präsentiert packendes Stillleben !

Premiere des Stücks "Das Stillleben" von Caren Jeß am 20. Juni 2025 im Theater Lübeck thematisiert Biedermeier-Kunst und gesellschaftlichen Rückzug.

Premiere des Stücks "Das Stillleben" von Caren Jeß am 20. Juni 2025 im Theater Lübeck thematisiert Biedermeier-Kunst und gesellschaftlichen Rückzug.
Premiere des Stücks "Das Stillleben" von Caren Jeß am 20. Juni 2025 im Theater Lübeck thematisiert Biedermeier-Kunst und gesellschaftlichen Rückzug.

Biedermeier-Blick: Theater Lübeck präsentiert packendes Stillleben !

Am 20. Juni 2025 feierte das Theater Lübeck die Premiere des Stücks Das Stillleben von Caren Jeß. Unter der Regie von Lisa Froschauer wurde ein spannendes Schauspiel aufgeführt, das sich mit der Biedermeier-Malerei auseinandersetzt und die gesellschaftlichen Rückzüge dieser Epoche thematisiert. In einer emotionalen Darbietung nahmen die Darsteller Lilly Gropper und Johannes Merz die Zuschauer mit in die Welt des Biedermeier, einer Zeit, die zwischen 1815 und 1848, nach den Napoleonischen Kriegen und vor den Revolutionen, stattfand. Diese Epoche war stark geprägt von einer Rückkehr ins Private und dem Bedürfnis nach Gemütlichkeit.

Das Stück zeigt einen Protagonisten in einem biedermeierlichen Wohnzimmer, der scheinbar ignorant gegenüber den Veränderungen in der Welt um ihn herum ist. Dieses Motiv spiegelt die Neophobie, also die Angst vor Neuem, wider. Lilly Gropper ist als Geisteswissenschaftlerin zu sehen, die das Kunstwerk analysiert und den Begriff „Stillleben“ näher erläutert. Diese Analyse ist nicht nur literarisch relevant, sondern auch tief in der bildnerischen Tradition verwurzelt, die typische biedermeierliche Themen wie suburbanes Leben und unaufgeregte Alltagsdarstellungen behandelt.

Die Biedermeier-Epoche im Kontext

Die Biedermeier-Zeit, die sich durch gemütliche, sentimentale Darstellungen auszeichnete, kam zur Blüte in einer Zeit der politischen Stabilität, gefördert durch die Restauration nach den Napoleonischen Kriegen. Der Fokus lag auf unpolitischen Themen und einer stark ausgeprägten Familientradition. Frauen übernahmen in dieser Zeit eine zentrale Rolle als Hüterinnen des Wohnraums und der familiären Harmonie. Diese Strömung der Biedermeier-Kunst war nicht nur in der Malerei, sondern auch in Literatur, Architektur und Inneneinrichtung sichtbar.

Besonders hervorzuheben sind die Werke der Künstler dieser Epoche, wie zum Beispiel Carl Spitzweg, der für seine realistischen Darstellungen bekannt war. Seine Bilder, die oft idyllische Szenen des Alltags zeigen, finden sich in den Strömungen der Biedermeier-Malerei wieder, die einen harmonischen Rückzugsort für viele Menschen darstellten. Diese Kunstform spiegelt den Wunsch wider, der harten Realität des Lebens zu entfliehen und die innere Zufriedenheit zu suchen.

Ein künstlerischer Rückblick

Die komplexe Argumentation des Stücks wird durch die Regie von Froschauer sowie die dynamische Interaktion zwischen den Darstellern unterstützt. Am Ende erreicht die Geisteswissenschaftlerin einen spannenden Punkt; sie möchte in ein Möbelstück verwandelt werden. Dies ist nicht nur eine gelungene Verbindung zu Jeß’ früherem Werk, Die Katze Eleonore, sondern auch eine künstlerische Metapher für den Rückzug in die Gemütlichkeit des Biedermeier.

Insgesamt bietet Das Stillleben eine gelungene Auseinandersetzung mit der Biedermeier-Ästhetik und lädt das Publikum ein, über die Relevanz von Kunst im Verhältnis zur gesellschaftlichen Realität nachzudenken. Wie die Biedermeier-Künstler ihre Welt sahen, sieht das Stück auch die Herausforderung: Wie kann man in einer sich schnell verändernden Welt bestehen, ohne die eigene Identität zu verlieren?

Die für 80 Minuten angesetzte Premiere ohne Pause war ein voller Erfolg und bleibt allen Anwesenden wohl noch lange in Erinnerung. Ein spannendes Theatererlebnis, dass die Sinne und den Geist anregt.