Alarmstimmung unter Lehrern: Was das neue Urteil für die Selbstständigen bedeutet

Lindau, Deutschland - Im Schatten des umstrittenen Herrenberg-Urteils des Bundessozialgerichts, das die Beschäftigung von Honorarkräften in Bildungseinrichtungen neu bewertet hat, wächst die Unsicherheit unter selbständigen Lehrkräften in Deutschland. Edina S., eine 38-jährige Lehrerin, die seit über zehn Jahren Deutsch als Fremdsprache unterrichtet, betont die Vorteile der Selbstständigkeit, insbesondere die Freiheit und Flexibilität, an verschiedenen Orten tätig zu sein. Doch die jüngsten Entwicklungen haben alarmierende Fragen aufgeworfen, die sowohl Lehrkräfte als auch Bildungseinrichtungen betreffen.
Das Urteil von 2022 stellte fest, dass eine Musiklehrerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand. Diese Entscheidung führte zu einer verschärften Prüfpraxis der Deutschen Rentenversicherung und verunsicherte viele Bildungsträger. Ab dem 1. Juli 2023 wurden die Beurteilungsmaßstäbe für den Erwerbsstatus von Lehrkräften geändert, was bei Bildungseinrichtungen zu großer Besorgnis über Rechtsunsicherheiten führte. Viele Lehrkräfte, die nur als Selbständige arbeiten möchten, befürchten eine Beeinträchtigung der aktuellen Bildungsangebote.
Übergangsregelung bis 2026
In Reaktion auf die Situation hat der Bundestag am 30. Januar 2025 eine Übergangsregelung beschlossen, die bis Ende 2026 gilt. Bildungsträger haben nun die Möglichkeit, ihre Organisationsmodelle anzupassen, ohne sofort Sozialversicherungsbeiträge zahlen zu müssen. Bei Vertragsschluss kann von einer Selbständigkeit ausgegangen werden, sofern die betroffenen Lehrkräfte dem zustimmen. Wie die Schwäbische Zeitung berichtet, äußern Bildungseinrichtungen Bedenken, dass Nachzahlungen viele von ihnen in eine finanzielle Schieflage bringen könnten.
Tobias Diemer, Direktor des Volkshochschulverbands Baden-Württemberg, warnt vor einer „Kostenexplosion“, falls Honorarkräfte in Festanstellungen umgewandelt werden müssen. Rund 190.000 Honorarkräfte sind bundesweit an Volkshochschulen beschäftigt, und zusätzliche Lohnnebenkosten könnten über 150 Millionen Euro betragen. Diemer verweist darauf, dass das Herrenberg-Urteil nicht auf Volkshochschulen anwendbar sei, da diese anders organisiert sind.
Die Auswirkungen auf die Lehrkräfte
Edina S. blickt mit Sorgen auf die Entwicklungen, insbesondere hinsichtlich ihrer Tätigkeiten bei privaten Bildungsträgern, die Integrationskurse anbieten. Trotz der Unsicherheit ist die Anzahl der Integrations- und Berufssprachkurse in den letzten Jahren gewachsen. 2023 und 2024 haben jeweils rund 360.000 Menschen einen Integrationskurs begonnen. Ingo Sadewasser, Vorsitzender des Landesverbands der Musikschulen Baden-Württemberg, stellt fest, dass 80% der Musikschullehrer bereits fest angestellt sind, wenn auch die Tendenz zur Festanstellung steigt.
Monika Stein von der GEW fordert faire Beschäftigungsbedingungen und die Einführung eines Bundestariftreuegesetzes für den Bildungssektor. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Lina Seitzl hebt hervor, dass Lehrtätigkeiten sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch selbstständig möglich bleiben müssen. Der Deutsche Volkshochschul-Verband hat sich gleichfalls für eine Vereinbarung ausgesprochen, die die Selbstständigkeit von Lehrkräften sichert und dennoch die soziale Absicherung gewährleistet.
Zusammenfassend betont der Deutsche Bundestag mit der neuen Regelung, dass die Selbstständigkeit von Lehrkräften auch in der Zukunft bestehen bleiben soll. Bovendien wird angestrebt, bürokratiearme, pragmatische Lösungen zu finden, die die soziale Absicherung der Lehrkräfte sicherstellen. Die Zeit bis Ende 2026 soll konstruktiv genutzt werden, um den betroffenen Akteuren Klarheit und Rechtssicherheit zu bieten. Der Dialogprozess über weitergehende Regelungen soll nach der Bundestagswahl fortgeführt werden, um die Interessen aller Beteiligten zu wahren. Weitere Details zu den geplanten Änderungen und Regelungen findet man auf den Seiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Deutschen Volkshochschul-Verbandes.
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Ort | Lindau, Deutschland |
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