KI revolutioniert die Aufarbeitung deutscher Kolonialgeschichte!

Marburg, Deutschland - In einem wegweisenden Schritt zur Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte ist heute das Projekt „Visual Analytics für Bilder aus Kolonialen Kontexten“ (VABiKo) gestartet worden. Diese Initiative, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wird, ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main und der Philipps-Universität Marburg. Das Hauptziel des Projekts besteht darin, historische Bildbestände mithilfe von künstlicher Intelligenz zu erschließen.
Das Archive, das rund 45.000 Bildträger umfasst, wurde Ende der 1940er-Jahre an die Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt übergeben. Diese Sammlung dokumentiert die „Erschließung“ deutscher Kolonien in Afrika, Ozeanien und China und stellt den ersten fotografischen Bestand aus kolonialen Kontexten in Deutschland dar, der in den späten 1990er-Jahren digitalisiert wurde. Eine Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten dieser Bilder ist eines der zentralen Anliegen des Projekts.
Digitale Innovation und Zugriff
Die Erschließung der historischen Bestände erfolgt durch semi-automatische Prozesse, die zusätzliche Metadaten generieren. Zu den geplanten Funktionen gehören erweiterte Such- und Präsentationsmöglichkeiten sowie interaktive Zeit-Raum-Visualisierungen. Auch die automatische Erkennung von Bildmustern wird ermöglicht, um Entstehungsorte auf Landkarten anzuzeigen. Ein mehrsprachiges Internetportal soll bis Ende 2027 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Zur ethischen Fragestellung der Präsentation und Nutzung werden laufend Gespräche mit Forschenden und Interessenvertretern geführt.
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Rolle der Deutschen Kolonialgesellschaft (DKG), die 1887 in Berlin gegründet wurde und um 1910 nahezu 45.000 Mitglieder zählte. Die DKG propagierte koloniale Ideen und betrachtete den Kolonialismus als Motor für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands. Ihre Sammlung, die auch den historischen Bildbestand umfasst, besteht aus etwa 55.000 Bildern, die größtenteils auf Glasplatten festgehalten wurden. Diese Bilder zeigen stereotype Darstellungen von Kolonisierten und wurden in Lichtbildvorträgen großflächig gezeigt.
Dank KI: Historische Akten im Bundesarchiv zugänglich
Unterstützt wird die Digitalisierung der Kolonialgeschichte durch innovative Ansätze im Bundesarchiv, das ein Programm zur Handschriftenerkennung mittels Künstlicher Intelligenz entwickelt hat. Hier können Nutzer die Unterlagen des Reichskolonialamtes im Lesesaal Berlin-Lichterfelde durchstöbern. Etwa 10.000 Akten wurden für dieses KI-Projekt ausgewählt, die größtenteils handschriftliche Texte enthalten. Die Suchanwendung ist auch für die kommenden zwei Jahre vor Ort verfügbar und wird dann in den digitalen Lesesaal des Bundesarchivs integriert.
Diese Entwicklungen zur Digitalisierung und Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte, sowohl durch das Projekt VABiKo als auch durch die Innovationen im Bundesarchiv, bieten neue Möglichkeiten der Recherche und der kritischen Auseinandersetzung mit einem oft vernachlässigten Kapitel deutscher Geschichte.
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Ort | Marburg, Deutschland |
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