Bürgermeister warnen: Grenzkontrollen gefährden unser Leben in Kehl!

Kehl, Deutschland - Die verschärften Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Frankreich stoßen auf heftige Kritik von Kommunalpolitikern. Die Bürgermeister von Kehl, Wolfram Britz, und von Straßburg, Jeanne Barseghian, haben einen Brandbrief an Bundeskanzler Friedrich Merz gerichtet, in dem sie die gravierenden Auswirkungen der Maßnahmen auf den gemeinsamen Lebensraum anprangern. Sie berichten von massiven Umsatzrückgängen im Einzelhandel von Kehl, da weniger französische Kunden die Stadt besuchen. Zudem wird der Personennahverkehr, insbesondere die Tramlinie D, durch Verspätungen erheblich gestört. Im vergangenen Jahr wurden über 3,8 Millionen Fahrten mit der Tram verzeichnet, viele davon von Schulkindern.
Die Bürgermeister fordern eine Lockerung der Kontrollen am Grenzübergang Kehl, da diese auch Auswirkungen auf die Rekrutierung von Fachkräften in beiden Ländern haben. Familien mit Verwandten auf beiden Seiten der Grenze sind ebenfalls betroffen. Britz und Barseghian werfen Merz und Innenminister Alexander Dobrindt „fehlendes Fingerspitzengefühl“ vor, da die Kontrollen am 8. Mai 2025, dem 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs, eingeführt wurden. Zahlreiche SPD-Bundestagsabgeordnete zweifeln zudem die Rechtsmäßigkeit der Zurückweisungen an der Grenze an.
Rechtslage und politische Reaktionen
Die neue Bundesregierung hat angekündigt, an den Grenzen schärfere Kontrollen aufgrund der irregulären Migration durchzuführen. Innenminister Dobrindt hat eine entsprechende Anweisung erlassen, die es der Bundespolizei erlaubt, Asyl suchende Personen zurückzuweisen, mit Ausnahme von besonders schutzbedürftigen Gruppen wie Schwangeren und unbegleiteten Minderjährigen. Dies hat zu einer Diskussion über die rechtlichen Grundlagen der Maßnahmen geführt. So hat Dobrindt sich auf das deutsche Asylgesetz und Art. 72 AEUV berufen, der es EU-Staaten unter bestimmten Bedingungen erlaubt, von europäischen Asylregeln abzuweichen, was jedoch umstritten ist. Die Polizei-Gewerkschaften berichten von ersten Rückweisungen, darunter vier Afghanen, die aus Luxemburg zurückgeschickt wurden.
Der SPD-Abgeordnete Sebastian Roloff fordert ein rechtlich sauberes Vorgehen der Bundespolizei. Auch SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci betont die Notwendigkeit, dass zurückgewiesene Asylsuchende Zugang zu einem Verfahren haben. Gewerkschafter wie Heiko Teggatz von der DPolG bestätigen, dass die Rückweisungen für die Beamten an der Grenze bindend sind. Die Union, darunter Dobrindt, plant die Durchführung zusätzlicher Grenzkontrollen und die Möglichkeit zur Rückweisung von Asylbewerbern zu verstärken.
Kritik aus der Politik und Gesellschaft
Die neuen Maßnahmen sind auch im Kontext einer Zunahme des politischen Drucks zu sehen. Innenministerin Nancy Faeser hatte bereits zuvor angekündigt, ab Mitte September Kontrollen an allen deutschen Grenzen einzuführen, um irreguläre Migration zu begrenzen und um dem Schutz vor islamistischem Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität Rechnung zu tragen. Dies geschieht vor dem Hintergrund eines islamistisch motivierten Anschlags in Solingen. Experten stellen jedoch die Rechtmäßigkeit der geplanten Maßnahmen in Frage und warnen vor möglichen Vertragsverletzungsverfahren durch die Europäische Kommission.
Österreich, ein Nachbarland Deutschlands, hat seine Bereitschaft zur Aufnahme zurückgewiesener Migranten signalisiert. Kritische Stimmen, wie von Polens Ministerpräsident Donald Tusk, äußern Bedenken und planen Konsultationen mit den betroffenen Ländern. Die gesellschaftliche und politische Debatte über die Grenzkontrollen wird durch die Forderungen der Linkspartei und den Grünen verstärkt, die eine Aufklärung über die rechtlichen Grundlagen der Kontrollen fordern.
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Ort | Kehl, Deutschland |
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