Mütter und Kinder in Gefahr: Wie Gerichte häusliche Gewalt ignorieren

Berlin, Deutschland - Eine erschütternde Realität zeigt sich in vielen familiengerichtlichen Verfahren, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Daniela* ist eine von zahlreichen Müttern, die nach einer Trennung mit den problematischen Folgen von Gewalt in der Familie konfrontiert sind. Vor der Trennung lebte sie mit ihrem Mann Martin* und ihren drei Kindern in einem vermeintlich friedlichen Umfeld. Doch erst nach der Trennung entpuppten sich Martins narzisstische Züge als aggressives Verhalten, das bis zu Morddrohungen gegen Daniela reichte. In einem schwierigen juristischen Prozess beantragte Martin das sogenannte Wechselmodell, eine Regelung, nach der beide Elternteile gleich viel Zeit mit den Kindern verbringen. In ihrer Stellungnahme stellt der Kinderschutzbund Zweifel an der Funktionalität dieser Regelung im Kontext von Gewaltanwendungen auf.
Um die Interessen der Kinder in solchen Fällen zu vertreten, werden seit 2009 Verfahrensbeistände eingesetzt. Im Fall von Daniela wurde ebenfalls eine solche Beiständin beauftragt, die jedoch mit den Kindern sprach und Daniela dabei unter Druck setzte. Sie machte Daniela klar, dass die Kinder beim Vater verängstigt seien, und drängte sie, dem Wechselmodell zuzustimmen. Trotz der Aggressivität des Vaters gab Daniela dem Druck nach, was für die Kinder fatale Folgen hatte. Sie berichteten von körperlicher und emotionaler Gewalt. Laut rbb24 suchen Verfahrensbeistände oft den Kontakt mit den Kindern und erstellen Berichte für die Gerichte, die dann gewaltige Konsequenzen für die Betroffenen haben können.
Herausforderungen bei der Ausbildung von Verfahrensbeiständen
Ein zentrales Problem in solchen Fällen ist die unzureichende Ausbildung der Verfahrensbeistände. Diese sind oft nicht ausreichend auf die Komplexität von Fällen häuslicher Gewalt vorbereitet. Ulrich Ames, stellvertretender Vorsitzender des Berufsverbands der Verfahrensbeistände (BVEB), weist darauf hin, dass es bei der Ausbildung kaum einen Fokus auf das Thema häusliche Gewalt gibt, was fatale Auswirkungen auf die Beurteilung des Kindeswohls hat. „Häusliche Gewalt ist eines der schwerwiegendsten Erlebnisse für Kinder,“ sagt Ames. Das häufige Missverhältnis zwischen dem Recht des Vaters auf Kontakt zu den Kindern und der Gewalt, die er in der Beziehung ausgeübt hat, wird vor Gericht nicht ausreichend thematisiert.
Die Problematik wird weiter verschärft durch die mangelnde Qualitätssicherung in der Ausbildung von Verfahrensbeiständen. Laut rbb24 gibt es Anbieter, bei denen eine einzige Wochenendfortbildung genügt, um als Verfahrensbeistand tätig zu sein. Der Kinderschutzbund fordert daher klarere Standards und gesetzliche Vorgaben, um sicherzustellen, dass Verfahrensbeistände über das nötige Wissen und die Kompetenzen verfügen, um die Interessen der Kinder in einem gewalttätigen Umfeld effektiv zu schützen.
Notwendige Reformen im Familienrecht
Das aktuelle System der Verfahrensbeistände und der Umgangsregelungen steht in der Kritik und ist nicht mehr zeitgemäß. Helge Limburg, Rechtsexperte der Bundestagsfraktion der Grünen, plädiert für klare gesetzliche Regelungen, die sicherstellen, dass Kinder nicht gezwungen werden können, Umgang mit gewalttätigen Elternteilen zu haben. „Ein Kind, das erleben muss, wie Gewalt gegen die Mutter ausgeübt wird, ist traumatisiert,“ warnt Limburg und betont die Gefahren eines solchen Vorgehens für das Kindeswohl.
Der Kinderschutzbund hebt hervor, dass der Gesetzgeber Schritte zur Reform des FamFG unternimmt, um die Schutzbedürftigkeit von gewaltbetroffenen Personen zu erhöhen. Es wird eine umfassende Errungenschaft erzielt, indem im neuen Referentenentwurf Regelungen verankert werden, die sicherstellen, dass Gewalt im Rahmen von Kindschaftsverfahren immer beachtet wird.
Trotz dieser Fortschritte sehen sowohl die Anwältin Birte Strack als auch Ulrich Ames die Notwendigkeit einer systematischen Überprüfung und Verbesserung der Ausbildungsinhalte für Verfahrensbeistände. Für viele Beteiligte sind die emotionalen und physischen Belastungen der betroffenen Kinder und Mütter noch lange nicht ausreichend berücksichtigt.
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Ort | Berlin, Deutschland |
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