Fahrgastschifffahrt in Gefahr: Wo sind die nächsten Kapitäne?
Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland - Die Fahrgastschifffahrt in Mecklenburg-Vorpommern (MV) steht vor erheblichen Herausforderungen, während sich die Branche auf die bevorstehende Hochsaison vorbereitet. Kapitän Eckhard Lüdemann von der „Mudder Schulten“ warnt, dass aufgrund des akuten Fachkräftemangels viele Schiffe möglicherweise nicht zum Einsatz kommen können. „Die junge Generation zieht es vor, am Computer zu arbeiten und möchte vor allem am Wochenende frei haben“, erklärt Lüdemann, der selbst mit seinen Söhnen, die als Nachfolger arbeiten, zufrieden ist.
Dieses Problem ist nicht neu, denn viele Beschäftigte haben während der Corona-Pandemie die Branche verlassen. Lüdemann berichtet, dass das Fahrgastschiff „Uns Fritzing“ dringend einen neuen Kapitän benötigt, nachdem der vorherige in den Ruhestand gegangen ist. Ein ähnliches Schicksal ereilte die Saison 2024, als diese aufgrund von Personalmangel eher beendet werden musste. Außerdem konnte „Uns Fritzing“ im September vergangenen Jahres wegen niedrigen Wasserstands nicht mehr fahren, was die Schwierigkeiten zusätzlich verstärkte.
Fachkräftemangel und Veränderungen
Die Probleme mit dem Fachkräftemangel sind nicht nur auf Mecklenburg-Vorpommern beschränkt. Eine Masterarbeit von Nathalie Tondt an der Rotterdam University of Applied Sciences beleuchtet die ähnliche Situation in der Binnenschifffahrt sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland. Faktoren für den Rückgang an qualifizierten Händen sind unter anderem der unattraktive Arbeitsrhythmus, die langen Arbeitszeiten sowie die Vorstellung, dass die Arbeit auf Binnenschiffen körperlich hart sei. Zudem wird der Sektor oftmals als altmodisch und konservativ wahrgenommen.
Die Ausbildungsgestaltung zeigt in Deutschland zwar höhere Praxisanteile und eine bessere Vorbereitung auf die Praxis, doch der mangelnde Bekanntheitsgrad der Branche und unzureichende Werbung führen dazu, dass jährlich nur etwa 200 junge Menschen für eine Ausbildung in der Binnenschifffahrt gewonnen werden können.
Ausbildungsmaßnahmen und Zukunftsperspektiven
Um dem Nachwuchsmangel entgegenzuwirken, haben Verbände und Gewerbe einige Maßnahmen ergriffen. Dazu zählen eine kaufmännisch ausgerichtete Zusatzqualifikation zum Binnenschiffermeister sowie ein dualer Bachelorstudiengang. Allerdings bleibt die Attraktivität der Berufe in der Binnenschifffahrt fraglich: Eltern legen großen Wert auf eine gute Ausbildung und bessere Jobchancen, was den Stellenwert von praxisorientierten Angeboten erhöht.
Außerdem hebt Lüdemann hervor, dass auch Personal für Gastronomieanstellungen an Bord gesucht wird und attraktive Arbeitsbedingungen wie zwei freie Tage pro Woche angeboten werden. Trotz der angespannten Situation plant er, 2026 mit 70 Jahren in Rente zu gehen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die aktuelle Lage entwickeln wird und ob die Branche geeignete Maßnahmen ergreifen kann, um den drohenden Personalmangel zu beheben.
Um den Fachkräftemangel nachhaltig zu bekämpfen, sind umfangreiche bundesweite Werbeaktionen für Berufe in der Binnenschifffahrt erforderlich, um die ungenutzten Potenziale dieser Branche zu heben und die Sichtbarkeit des Berufsbildes zu erhöhen. Zudem müssen neue Ausbildungswege angedacht werden, um jüngere Generationen für diese Berufe zu interessieren und ihnen Perspektiven aufzuzeigen.
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Ort | Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland |
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